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27. November 2014

Pop Art im Museum Ludwig – kunst & gut 12/14

Jetzt sind sie alle auf einmal zu sehen. Ausgehend von der eigenen Sammlung Ludwig in Köln und verdichtet mit Bildern und Skulpturen des Sammlerehepaars in anderen Institutionen zeigt das Museum Ludwig derzeit Meisterwerke der US-amerikanischen und britischen Pop Art.

Andy Warhol und Claes Oldenburg, Jasper Johns und Robert Rauschenberg oder Richard Hamilton und David Hockney (um nur die bekanntesten zu nennen) sind mit Hauptwerken vertreten, die zum visuellen Gedächtnis der jüngsten Kunstgeschichte gehören. Aber so präsent uns auch die Pop Art ist, sie ist doch fast schon ein alter Hut: In den 50er und 60er Jahren griffen die Künstler u.a. in Amerika und England radikal auf Phänomene des Alltags zu.

Die Darstellungen der Pop Art tragen in ihrer Fokussierung auf das Repertoire der Massenmedien etwas schematisch Plakatives, sie zielen auf Erkennbarkeit, nehmen sich dazu die Klischees der Konsumgesellschaft vor und visualisieren die „Träume“ des modernen Menschen. Auch bilden sie die Prominenz aus Politik und Entertainment dieser Jahrzehnte ab. Und sie beziehen als Moment des Alltags Gebrauchsmaterialien ein.

Diese pulsierende Gleichzeitigkeit wirkt nun zu Beginn der Ausstellung etwas chaotisch, sortiert sich dann und endet am Schluss des Parcours, der durch das halbe Museum führt, mit eher düsteren Beiträgen, die Katastrophen und Kriegsszenarien vor Augen führen: Pop Art ist eben nicht nur fröhlich schillernd psychedelisch und handelt nicht nur – mit Maßnahmen der Werbung und des Werbedesigns und dessen Reproduktions-Verfahren – von Genuss und Alltag, sondern sie ist auch gesellschafts- und zeitkritisch. Und deshalb gehört Edward Kienholz mit seinem lebensgroßen „Portable War Memorial“ aus der Zeit der Studentenbewegungen und des Vietnamkrieges zu recht in diese Ausstellung.

Dass die Pop Art beileibe kein homogener, formal limitierter Zeitstil ist und ihr Umgang mit den Fragmenten der Wirklichkeit recht unterschiedlich ausfällt, belegen nun besonders die Werke von Jasper Johns und Robert Rauschenberg, die in der Sammlung Ludwig – vielleicht weil sie in ihrer „Gebrochenheit“ so viel Europäisches in sich tragen und auch auf verschiedene Ismen eingehen – besonders umfassend vertreten sind. Jasper Johns arbeitet mit Enkaustik, mit malerisch aufgerissenen Farbflächen, mit Abklebungen oder mit Schablonen und hinterfragt auf diese Weise eine ikonische Darstellung wie die amerikanische Flagge. Das Zweifeln an einer allgemeingültigen Wahrheit wird zu einem zentralen Thema seiner Kunst. Und Rauschenberg kombiniert in seinen Assemblagen verschiedene Realitäts-Ebenen; im vermeintlich „Kruden“ des bildnerischen Vortrags streift er noch den zeitlich vorausgehenden Abstrakten Expressionismus.

Ein weiterer Effekt dieser Ausstellung: Nun sieht man Bilder zusammen, die sonst auf die verschiedenen Museen verteilt sind, etwa die frühen „Landscapes“ von Tom Wesselmann aus den Häusern in Köln und Budapest oder Rauschenbergs Karton-Plastiken aus Köln und Wien.

Überhaupt Köln: Nachdem sich Peter und Irene Ludwig für die Domstadt als Standort ihrer Pop-Art-Sammlung entschieden hatten, haben sie im Laufe der Jahrzehnte hierher wesentliche ihrer Neuerwerbungen verbracht. Deswegen gibt es nun einen eigenen Saal für Jasper Johns und Arbeiten von Richard Lindner in einer seltenen Fülle zu sehen. Rauschenberg ist ein eigener Flügel eingerichtet, der sein Faible für Kinetik und Sound unterstreicht.

Aber gerade im Kontext seines Werkes stellt sich die Frage, ob es nicht hilfreich gewesen wäre, exemplarisch auch den französischen Nouveau Réalisme vorzustellen. Und vielleicht hätte die besondere britische Konzeption der Pop Art schärfer herausgearbeitet werden müssen. So überwiegt das prächtig Leuchtende: in der dunklen Jahreszeit ein Highlight im wortwörtlichen Sinne.

„Ludwig Goes Pop“ | bis 11.1. | Museum Ludwig | 0221 221 261 65

THOMAS HIRSCH

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