Isamu Noguchi (1904-1988) arbeitete am Sozialen und Partizipatorischen von Skulptur: am Kontext und der Wirkung seiner Skulpturen in der Gesellschaft. Wie überzeugend dies dem aus Japan stammenden US-Amerikaner gelang, belegt die großartige, von Rita Kersting kuratierte Werkschau im Museum Ludwig. Sie setzt die biomorphe Bildhauerei mit seinen öffentlichen Plätzen, mit den skulpturalen Inszenierungen für das Tanztheater und mit seinen Designobjekten so in Beziehung, dass das eine aufs andere weist und sich klärt.
Noguchi pendelte zwischen den Kulturen, seine Ateliers befanden sich nacheinander in New York, Gentilly in Frankreich, New York, Kita Kamakura, Long Island, in der Toskana und schließlich Mure in Japan. Geboren wurde er in Los Angeles, die Mutter ist eine irisch-amerikanische Pädagogin, der Vater ein in Tokio lebender Dichter. Er wächst in Japan auf, wechselt für die Schule wieder in die USA. Ab 1927 arbeitet er in Paris als Assistent von Brâncuşi, ab 1929 lebt er im Greenwich Village in New York, wo er Martha Graham und R. Buckminster Fuller kennenlernt: Er erstellt für Graham Bühnenbilder und entwickelt mit Buckminster Fuller utopische Konstruktionen. Wichtig wird die Erfahrung der Gefangenschaft in einem amerikanischen Internierungslager 1942 aufgrund seiner japanischen Abstammung.
Sein Werk setzt mit Portraitbüsten und konstruktiven Raumstrukturen ein. Im Surrealismus wurzeln die „Interlocking Sculptures“ der 1940er Jahre, bei denen Holzglieder verschränkt sind und eine organische Interaktion beschreiben, die er später bei seinen Spielplätzen mit ihren Spiralen weiterdenkt. Zugleich nimmt Noguchi Kontakt mit dem Erdboden auf: Ebenso wie bei seiner Arbeit mit Ton beschäftigt ihn die Beziehung zum Material. Nach den Atombombenabwürfen auf seine japanische Heimat konzipiert er den Raum „Sculpture to Be Seen from Mars (Memorial to Man)“ (1947): Was würden Außerirdische nach der Selbstzerstörung der Erde von dieser noch vorfinden? Kann die Kultur zum Frieden beitragen? Auch dieses Konzept findet sich im Museum Ludwig wieder: als Mahnmal gegen jede kriegerische Handlung.
Isamu Noguchi | bis 31.7. | Museum Ludwig Köln | 0221 22 12 73 80
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ernste Themen im Gegenüber
Kresiah Mukwazhi im Museum Ludwig
Männer aus dem Lexikon
Gerhard Richters 48 Porträts im Museum Ludwig
Niemals gleich
Roni Horn im Museum Ludwig – kunst & gut 07/24
Zeit begreiflich machen
Die Neupräsentation der Sammlung zeitgenössischer Kunst im Museum Ludwig
Ein Meister in Schwarz, Grau und Weiß
Chargesheimer im Museum Ludwig
Ein König schenkt
Schenkungen von Kasper König an das Museum Ludwig – kunst & gut 03/24
Gespür für Orte
Füsun Onur mit einer Retrospektive im Museum Ludwig – kunst & gut 12/23
Die eigene Geschichte
„Ukrainische Moderne & Daria Koltsova“ im Museum Ludwig – kunst & gut 09/23
Verschiedenen Perspektiven
Neupräsentation der Sammlung im Museum Ludwig
Innenleben der Wirklichkeit
„Ursula – Das bin ich. Na und?“ im Museum Ludwig – kunst & gut 05/23
Geschichten eines Augenblicks
Museum Ludwig zeigt Werkschau „Voiceover“ – Kunst 03/22
Richter zu Ehren
Gerhard Richter im K21 und Museum Ludwig – Kunst in NRW 03/22
Menschen allein
Lars Eidingers Ausstellung „O Mensch“ in Düsseldorf – Kunst in NRW 10/24
Noch gemalt
„Zwischen Pixel und Pigment“ in Herford und Bielefeld – Kunst in NRW 09/24
Farbe als Ereignis
Katharina Grosse im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 07/24
Farbe an Farbe
Otto Freundlich und Martin Noël in Bergisch Gladbach – Kunst in NRW 06/24
Am Anfang der Abstraktion
Hilma af Klint und Wassily Kandinsky in Düsseldorf – Kunst in NRW 05/24
Glaube und Wissenschaft
Louisa Clement im Kunstmuseum Bonn – Kunst in NRW 04/24
Das eigene Land
„Revisions“ im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln – Kunst in NRW 03/24
Ritt durch die Jahrhunderte
Die Neupräsentation im Kunstpalast in Düsseldorf – Kunst in NRW 02/24
Ende eines Jahrhunderts
George Minne und Léon Spilliaert in Neuss – Kunst in NRW 01/24
Puls des Lebens
Chaïm Soutine im K20 in Düsseldorf – Kunst in NRW 12/23
Ganz leicht
Christiane Löhr im Bahnhof Rolandseck – Kunst in NRW 11/23
Die stille Anwesenheit der Dinge
Cornelius Völker im Kunstpalast Düsseldorf – Kunst in NRW 10/23
Aus anderer Perspektive
Szenenwechsel der Sammlung im K21 in Düsseldorf – Kunst in NRW 09/23