Nichts, was sonderlich überrascht – oder doch? Das Sujet der Jahresausstellung im kunsthistorischen Museum von Köln ist die Blume in der Zeit des Barocks. Noch heute: Blumen verschönern das Heim, als Geschenk sind sie Gesten der Zuneigung und des Respekts, sie blühen in Gärten und Parks. In der Malerei ist die Blume heutzutage weitgehend überholt, vielleicht weil die Natur mittlerweile vom Klimawandel bedroht ist und es anderer künstlerischer Strategien bedarf, und weil die Malerei nicht mehr das Schlachtfeld für Virtuosität ist und das Sujet selbst den öffentlichen Raum sucht – in dem sich etwa die „Puppy“-Skulpturen von Jeff Koons befinden.
Als Motiv interessant wurde die Blume in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Ihren Höhepunkt – und Verkaufserfolg – hat die Blumenmalerei im 17. Jahrhundert, wo sie sich von Flandern und Rom aus in Europa ausbreitet; noch in der Romantik ist sie verbreitet. Eine feine Auswahl von knapp 25 Gemälden zeigt jetzt das Wallraf-Richartz-Museum in seinem oberen Eck-Saal. Zu sehen ist ein weites Spektrum an Blumengattungen, an Bildformen und Genres und an Symboliken und Allegorien. Die Blume gibt es als einzelne, als Strauß in einem Gefäß oder in den Händen oder geflochten als Girlande. Sie ist Stillleben auf dem Tisch und fokussierender Blumenkranz mit der Passion Christi im Bildzentrum, Schmuck und Symbol für Liebe und für Kindheit. Im Vergänglichen ihrer Schönheit wird sie zur Allegorie.
Bei all dem handelt es sich um virtuose Malerei, temperamentvoll in den Buntfarben getupft und gestrichen und höchst realistisch, zumal wenn Insekten sich ihnen nähern. Und dann beginnt man über die Ausstellung hinaus in den anschließenden Sammlungssälen nach Blumen und Pflanzen Ausschau zu halten. Man findet sie noch im Untergeschoss im Wallraf-Richartz-Museum, beim „Blühenden Rhododendronzweig“ von Henri Fantin-Latour, direkt neben dem berühmten Spargel-Bündel von Manet. Aber im späten 19. Jahrhundert geht es um die Befragung der Realität, die die Künstler direkt in der Natur gefunden haben: Nicht denkbar ist das ohne die grandiosen Leistungen der früheren Generationen. Und die sind überraschend, sensationell.
B{l}ooming | bis 31.5. | Wallraf-Richartz-Museum Köln | 0221 22 12 11 19
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