„Der Heldenmodus“, so heißt das neue und vor allem selbst entwickelte Theaterstück des Jugendclubs des Comedia Theaters. In Anlehnung an das Stück der Profis, nämlich an „Die Heldenzentrale“, die noch im Januar diesen Jahres seine Premiere feierte, haben sieben Jugendliche – Jungs und Mädchen im Alter von 14 bis 18 Jahren unter der Leitung von Regisseur Andreas Schmid – ihrer Fantasie und Kreativität freien Lauf gelassen. Sie haben ihre ganz persönliche Auseinandersetzung zum Thema Held*innen in das Stück mit einfließen lassen und sich mit der Bedeutung von Held*in sein in der heutigen Zeit auseinandergesetzt.
choices: Andreas, für dich ist es das erste Mal, dass du im Jugendclub der Comedia die Leitung übernimmst. Was hat dich dazu bewegt und was ist das Besondere an eurer Arbeit?
Andreas Schmid: Ich bin schon lange mit dem Theater verbunden. Ich komme von einem befreundeten Theater in Belgien. Ich bin es gewohnt, Stücke selber zu entwickeln. Das ist es auch, was mich an der Arbeit besonders interessiert. Die Qualität von Jugendtheatern kann darin bestehen, dass das, was verhandelt wird, von einer bestimmten Motivation her kommt, nämlich von den Jugendlichen selbst. Es gibt keinen vorgefertigten Text.
Wie geht ihr bei eurer Arbeit vor und was ist euch besonders wichtig?
Havva Sümbül Baran: Wir kommen ein Mal in der Woche ins Theater und proben, tauschen uns aus und bringen neue Ideen mit. Wir setzen uns viel mit den aktuellen politischen Geschehnissen auseinander, da uns das sehr wichtig ist und wir unsere Meinung dazu stark präsentieren wollen. Wir wollen den Leuten die Augen öffnen. Es kommt jedes Mal mehr dazu, es passieren ständig neue Sachen. Das bringt viele Ideen mit sich und wir versuchen alles umzusetzen. Manchmal landen wir auch im Ideenchaos. (lacht) Da ist so viel und wir finden viele Themen wichtig. Jeder will seine Vorschläge einbringen, da wir alle sehr engagiert sind und jeder ist individuell, sieht die Dinge aus anderen Augen. Das hat auch etwas mit dem Heldenmodus zu tun, dass jeder sein eigener Held sein will. Jeder will aber auch die anderen retten. Jeder will Augen öffnen. Das geschieht durch Austausch und Kommunikation. Jeder bringt sich hier stark ein.
Raphael Chassé: Wir haben alle eine Menge Spaß hier. Wir lachen viel, erzählen viel und kommen alle sehr gut miteinander klar. Deswegen kommen auch immer so schnell neue Ideen. Es hat viel damit zu tun, wie wir zueinander stehen, was wir für eine Gruppe sind, jeder bringt seine Persönlichkeit ein und das wird man während des Stückes merken.
Was erwartet den Zuschauer?
Raphael Chassé: Wir haben uns viel mit Helden beschäftigt und damit, wie wir all unsere Ideen auf die Bühne bringen können. Als Rahmen der Geschichte unserer Helden, dient eine Talkshow.
Emma Schäfer: Es wird zum einen eine seriöse Talkshow geben, dort werden die Themen sehr direkt angesprochen und wir nennen auch Themen, die uns selber beschäftigen. Zum anderen gibt es eine sehr überspitzte Talkshow, wo alles etwas dramatischer dargestellt wird – es wird übertrieben und zugespitzt.
Raphael Chassé: Es wird also eine TV-Show auf der Bühne geben. Dort werden mehrere Gäste anwesend sein, die alle in gewisser Weise Helden sind. Die Gäste unterhalten sich miteinander und erzählen sich, was sie zu Held*innen macht. Dabei kommt es natürlich zu Unstimmigkeiten und Streitigkeiten. Insgesamt ist das Stück sehr umfangreich und es wird viele Elemente geben. Auch Tanz werden die Zuschauer zu sehen bekommen. Doch nicht nur die Vielfalt der Elemente ist interessant, vor allem die vielen verschiedenen Seiten der Figuren, die die Schauspieler verkörpern, indem sie sich selber in gewisser Art und Weise mit ihrer Meinung einbringen.
Andreas Schmid: Es sind ja insgesamt sieben Schauspieler auf der Bühne. Doch es gibt noch einen achten, wenn man so will. Einen Screen. Es wird einen Bildschirm geben, über den eine WhatsApp-Gruppe gezeigt wird. In der Gruppe wird während des Stücks unter den Figuren kommuniziert, es wird weiter gescrollt, Bilder oder auch kleine Clips werden darin gepostet und gezeigt. Der Beamer soll wie ein weiterer Spieler sein. Zudem sammeln die Schauspieler außerhalb der Proben eigenes visuelles Material zu ihren Figuren, welches ebenfalls dort auftauchen soll. Anfangen wird das Stück so, dass der Zuschauer eher bei den einzelnen Figuren bleibt. Über einen medialen Diskurs, den wir auf der Bühne entfachen werden, eben mit der WhatsApp-Gruppe und der Talkshow, wird es zu Konflikten kommen, die Held*innen werden sich schnell widersprechen und das ganze wird angeheizt. Die Streitkultur führt dazu, dass die am Anfang ernst gemeinten Themen in einen Kreislauf kommen und irgendwann ironisiert werden. Manche Aussagen werden den Figuren einfach in den Mund gelegt, die sie so gar nicht sagen wollten. Zudem arbeiten wir auch mit Texten von Greta Tunberg von Fridays For Future. Greta Tunberg selbst ist ja irgendwo eine mediale Figur geworden, die es selber nur noch bedingt in der Hand hat, was denn aus dem gemacht wird, was sie selber sagt. Für manche ist sie eine Marionette oder wird plötzlich beleidigt ob ihrer Behinderung. Wir wollen ein Stück weit zeigen, was so ein Mediendiskurs aus einem machen kann oder wozu man gemacht werden kann, wozu man unter Umständen getrieben wird. Das ist auch der Grund, warum es im Verlauf des Stücks immer turbulenter und zugespitzter wird.
Wie wichtig ist es für euch heutzutage ein Held*in zu sein, dass es Held*inenn gibt? Habt ihr Held*innen?
Emma Schäfer: Ich finde, jeder sollte sich für etwas einsetzen, z.B. für den Klimawandel. Wir haben nur eine Welt und man sollte sich für die Dinge einsetzen, die einem wichtig sind.
Havva Sümbül Baran: Wir sollten auch nicht so isoliert leben. Es ist wichtig offen zu sein, nicht egoistisch. Jeder sollte etwas für die Erde tun und etwas für die Allgemeinheit beitragen. Heutzutage wird es immer wichtiger, den Menschen die Augen zu öffnen, sonst wird vieles sehr schnell noch viel schlimmer, als es ohnehin schon ist.
Wer sollte sich das Stück unbedingt anschauen und warum?
Raphael Chassé: Jeder. Es ist einfach unglaublich gut.
Havva Sümbül Baran: Leute, die noch nicht so recht eine Meinung haben. Denn das ist sehr wichtig. Es regt an, über die Welt und die aktuellen Geschehnisse da draußen nachzudenken. Vor allem Jugendliche sollen es sich ansehen.
Raphael Chassé: Aber auch Erwachsene. Die sollten sich gut anschauen, wie wir Jugendlichen die Welt sehen.
Havva Sümbül Baran: Viele wissen gar nicht, was Theater ist und denken nur an Romeo und Julia. Ich wusste es auch erst nicht, bis ich mitgemacht habe und mich umgesehen habe. Ich habe hier viel gelernt und was mir besonders wichtig ist, ist, dass ich hier meine Meinung sagen kann, ich muss kein Blatt vor den Mund nehmen und bringe mich und meine Persönlichkeit auf kreative Art und Weise ein. Die Leute sollen kommen und sehen, wie wichtig uns die Sache ist und wie viel Mühe wir uns gemacht haben, etwas zu erreichen.
Andreas Schmid: Eine besondere Qualität des Stückes ist, dass alles ganz frisch ist, neue Bilder, neue Ideen zu neuen aktuellen Geschehnissen fließen ständig in den Prozess unserer Arbeit mit ein.
„Der Heldenmodus“ | ab 13 J. | R: Andreas Schmid | 21.6. (P), 22.,26.,27.6. je 19.30 Uhr | Comedia Theater | 0221 888 77 222
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