Offside
Iran 2006
Regie: Jafar Panahi
Darsteller: Sima Mobarak Shahi, Safar Samandar, Shayesteh Irani, Ida Sadeghi, M. Kheyrabadi, Golnaz Farmani, Mahnaz Zabihi, Nazanin Sedighzadeh, M. Kheymed Kabood, Mohsen Tanabandeh, Reza Farhadi
Eine Ode an Irans Jugend mit Tiefsinn und Humor
Morgenlandfahrerin (1), 24.07.2006
Der Film Offside ist ein besonderer Film, der in seiner scheinbaren Einfachheit eine große Poesie offenbart. Vordergründig stellt der Film die Probleme junger Mädchen im Iran dar, die die gleichen Rechte wie die Männer für sich in Anspruch nehmen wollen. Im Grunde geht es aber um mehr, nämlich die gesamte iranische Gesellschaft, deren Wandel sich über die iranische Jugend vollzieht. Der Regisseur kommt in seinem Film mit wenigen Mitteln aus. Auch beschränkt er den Handlungsraum des Filmes nach einem kurzen Vorspann weitgehend auf einen abseits liegenden Bereich eines Fußballstadions und die anschließende Busfahrt zur Sittenpolizei. Dennoch gelingt es ihm, innerhalb des begrenzten Handlungsraums ein kleines Universum zu schaffen, in dem viele Facetten der heutigen iranischen Kultur offenbar werden. Was deutlich wird: Keiner der Beteiligten hat Lust auf die Beschränkungen des Alltags eines starren Systems und - in einem übergeordneten Sinne - Einschränkung des Geistes, auch die Polizisten nicht, die die erwischten Mädchen zu bewachen haben. Heraus kommt ein tief menschliches Erleben zwischen den Mädchen und den jungen Männern im Chaos eines sich langsam vollziehenden inneren Wandels bei der Jugend im Iran, der beharrlich seine Ventile nach außen sucht. Der verbale Widerstand in einem Land, wo verbaler Widerstand gefährlich ist, erfordert viel Feingefühl und Geschick. Die Kapriolen, die dabei geschlagen werden müssen, führen zu grotesken und klamaukartigen Situationen und Dialogen. Gemeinsam gelingt es den jungen Leuten nicht nur in ihren Herzen, sondern auch mit ihren Herzen die Beschränkungen aufzuheben, um einfach das Beste aus der Situation zu machen. Einerseits ist da Gesellschaftskritik an den starren Vorschriften des Systems, andererseits wird mit viel Charme gezeigt, dass die jungen Iraner ziemlich improvisieren müssen, um sich letzendlich selbst treu bleiben zu können. Sie müssen es, und sie schaffen es. Sie schaffen sich ihre eigenen Räume, auch wenn sie sich dafür manchmal ein wenig verrenken und in manche Gefahr begeben müssen. Versinnbildlicht wird dies im Film durch die Radioantenne am Bus, der die Mädchen zur Sittenpolizei bringen soll. Einer der Polizisten hält sie fest, damit alle das Fußballspiel im Radio mitverfolgen konnten. Der Bus wird plötzlich unter vielen Verrenkungen zur Welt, wie sie sein könnte. Der Bus mit den jungen Menschen bildete einen ganz neuen Kosmos - einen Mikrokosmos. Die Offenheit oder die junge iranische Seele kann sich in dieser kleinen, geschlossen Welt vollends entfalten. Im Bus ist alles möglich. Die Knaller krachen, die Wunderkerzen verbrennen. Es wird geraucht, gesungen, gejubelt. Hier wird die alte, ungeliebte Hülle angerissen. Letztendlich springen die Mädchen aus dem Bus und stürzen sich in die feiernde, dank des Anlasses entfesselte iranische Menge, wo selbst der lange Arm des Regimes machtlos zu sein scheint. Der neuerschaffene Mikrokosmos des Busses vermischt sich mit der Makro-Realität des Iran wie ein Feuerwerk. Ob die Mädchen von den Polizisten wieder eingefangen werden, bleibt offen...Und diese Offenheit läßt viel Raum für Hoffnung: alles ist möglich im Iran von morgen...
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24