Er kann richtig gut singen, der Mann auf der Bühne des Atelier Theaters, der mit seinem zweiten Solo-Programm unter dem Titel „Ich hab die Schnauze voll“ einmal mehr beweist, dass das Geschäft mit wirklich lustigem und unkonventionellem Stand-Up kein einfaches ist. Dabei hat sich Torsten Schlosser von allem möglichen frei gemacht, von „showtauglichen Bühnenoutfits“ und niedlichen Accessoires – sieht man mal von der (Plüsch)-Katze Käthe Belle ab, die den Abend mit ihrer Anwesenheit bereichert –, er schert sich keinen Deut um Publikumserwartungen, gibt ums Verrecken keine Zugaben und verweigert klare Aussagen oder gar Botschaften.
Und doch schleicht sich bei dem aus Leverkusen kommenden Jungmann die eine oder andere Kritik an seiner Umwelt ein, zum Beispiel an Kollegen die Ingwer-Tee statt Absinth zu sich nehmen. An den Bonnern, die sich überall einmischen oder den Franken, die humoristisches Brachland beackern. Schwarzer Humor schimmert durch als er von der Oma zu Hause erzählt, die unterm Dachstuhl wohnte, bis kurzerhand die Treppe entfernt wurde. Mit 17 Jahren habe er – dank ausuferndem Süßigkeiten-Konsum – 120 Kilo gewogen. Schwer vorstellbar und auch nur sehr bedingt zum Lachen.
Geblieben ist ihm seine Leidenschaft für Käse aller Art. Für und über ihn hat er gar einen Song geschrieben, der beim kommenden Eurovision Song Contest im Mai in Lissabon gute Chancen haben dürfte. Er schreckt auch nicht vor Werbe-Einlagen wie die für eine Sauna-Landschaft in Bergisch Gladbach zurück und wartet inzwischen auf den Tag, an dem sich Vegetarier gegen Veganer auflehnen. Psychisch neben der Mütze seien Leute, die Sport als Ausgleich betrieben. Welcher Ausgleich? Wozu?
„Ich bin tatsächlich homosexuell“, gibt er all jenen mit auf den Weg, die das nicht längst registriert haben. Er sei allerdings gegen die Ehe. „Jetzt soll ich den Scheiß auch noch mitmachen“, empört er sich, immerhin seien die Trennungsraten seit der Einführung der „Ehe für alle“ regelrecht hoch geschnellt. Er habe als Kind das Buch „Ein Känguru wie Du“ gelesen und setze sich seitdem gegen die Diskriminierung der Tiere ein. Schön bescheuert.
Das ist es denn auch, was den Charme seiner Performance ausmacht: Schlosser lässt nichts unversucht, eine ganz eigene Stimme zu finden. Die kommt allerdings am besten zur Geltung, wenn er singt. Wer hätte das gedacht? Ich jedenfalls nicht, gesteht die Ihnen stets ergebene
Torsten Schlosser: „Ich hab die Schnauze voll“ | Mi 10.1., Mi 7.2. je 20.30 Uhr | Atelier Theater | 0221 24 24 85
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