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Peter Pauls (KStA), Christian Werthschulte (StadtRevue), Mithu Sanyal (freie Journalistin) und Miriam Vogel (bpb)
Foto: Rebecca Ramlow

Differenzieren statt pauschalieren

20. Januar 2017

Diskussion zur Silvesternacht und ihren Folgen im Academyspace – Spezial 01/17

Der Andrang ist so groß, dass einige keinen Sitzplatz finden. Schon das zeigt die Brisanz des Themas. Die Kölner Silvesternacht 2015 – ein Vorfall, der ein ganzes Jahr eine Stadt und ein Land in Atem hielt. Eingeladen zum Gespräch hatte die Bundeszentrale für politische Bildung, die in der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ einen Artikel zum Thema druckte. Verfasst hat diesen Christian Werthschulte, Politikredakteur bei der Stadtrevue und Gast. Weitere Teilnehmer sind Peter Pauls, Chefautor des Kölner Stadt-Anzeigers, sowie Mithu M. Sanyal, Autorin, Vergewaltigungsexpertin und, wie sie vorgestellt wird, Feministin.

„Im Fall der Kölner Silvesternacht hat sich eine unheimlich schnelle Dynamik entwickelt“, berichtet Pauls. Kein Journalist sei vor Ort gewesen, das hätte die Berichterstattung enorm erschwert. Alles, was die Medien an Informationen erhielten, habe auf Aussagen der Polizei und später auf Mutmaßungen bei Facebook und Co basiert, wo mitunter gefährliche Mythen verbreitet worden seien. Dass die Polizei überfordert war, dass sie teilweise sogar versagt habe, sei klar. Andererseits will aber auch niemand aus der Runde in der Haut der Ordnungshüter stecken.

Als erschreckend wird die Instrumentalisierung dieser einen Nacht wahrgenommen. Dass man mit ansehen muss, wie selbsternannte Bürgerwehren durch Köln marschieren, um für Ordnung zu sorgen und ihre deutschen Frauen zu schützen, so Pauls. Ein paar wenige Fakten gäbe es aber dennoch: die Zahl der Opfer. Ergriffen berichtet Pauls von einer Mutter und ihrer Tochter, die von den sexuellen Übergriffen betroffen gewesen seien, und wie sehr diese gelitten hätten. „Ich kann sehr gut verstehen, dass anfangs keiner wusste, was er sagen sollte“, so Mithu Sanyal, die zwar Rekers Vorschlag, einen „Abstand auf Armlänge zu halten“ für nicht besonders klug hält, aber ein gewisses Verständnis für manche Patzer aufbringt. Sie selber habe, als sie von den Vorfällen gehört habe, gedacht: „Ich warte erst einmal ein halbes Jahr ab, bevor ich mich dazu äußere.“ Und: „Ich hatte auch als Journalistin Angst“, gibt sie zu: „Ich habe noch immer ganz viele Fragen an diese Nacht. Beantwortet das Ihre Frage?“ Gelächter. Mit dieser Aussage bringt sie das Problem selbstreflexiv auf den Punkt: Wie schwierig es für Medien ist, vernünftig über das Ereignis zu berichten. Pauls geht in diesem Zusammenhang auf den Pressekodex ein, der Journalisten eigentlich korrekterweise davon abhalten soll, Minderheiten zu diskriminieren, aber um den immer noch immer viele streiten.

Die Kölner Silvesternacht 2015 – eine Nacht und viele Schatten. Eine der Folgen ist auch die der verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Der Gipfel dessen: die sehr plump anmutende und pauschale Kontrolle von Nordafrikanern. Die Fragen, die durch den Raum schweifen, sind: Markiert die Kölner Silvesternacht das Ende der Willkommenskultur? Und: Werden nächstes Silvester wieder sogenannte „Nafris“ wie vermeintliche Täter behandelt und unter Generalverdacht gestellt? Sanyal, Tochter einer Polin und eines Inders, sagt, sie habe dies ebenfalls als diskriminierend empfunden, da sie sich als Ausländerin stigmatisiert gefühlt habe. Plötzlich habe sie überall ihren Ausweis vorzeigen müssen, das habe ein sehr flaues Gefühl in ihr ausgelöst. Klug resümiert sie: Es dürfe nicht nur „die bösen Muslime“ heißen. Das sei rassistisch und gefährlich. Andererseits aber auch nicht nur: „Die bösen Rassisten.“ Mit diesen Verallgemeinerungen käme man nicht weiter. Das Thema müsste ernst genommen werden. Statt Kontrollen im Nachhinein an vermeintlichen Tätern solle es besser präventive Vorarbeit geben und Gespräche. Das ist doch mal ein vernünftiger Satz einer Journalistin zur Kölner Silvesternacht.

Köln-Ausgabe von „Aus Politik und Zeitgeschichte“ der bpb: www.bpb.de/apuz/239692/koeln

Rebecca Ramlow

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mithusanyal, 25.01.2017

Feministin ist fein

Was für ein schöner Artikel.
Ich möchte nur richtig stellen, dass ich kein Problem damit hatte, als Feministin vorgestellt zu werden, sondern als Düsseldorferin.
Feministin ist fein. Düsseldorferin auch. Aber nicht in Köln;-)
Mithu Sanyal

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