Die Dortmunder Agentur labor b feiert 10jähriges Bestehen. Sie wurde bereits mit zahlreichen bundesweiten wieinternationalen Preisen im Designbereich ausgezeichnet. Sie prägen das Erscheinungsbild der Region mit und sorgen für den grafischen Auftritt und die Informationsübermittlung von Museen, kulturellen Veranstaltungen, Wirtschaftsunternehmen, Verbänden und öffentlichen Institutionen. Wichtig ist ihnen, dass sie ein Designbüro sind und keine Werbeagentur. Mit der regionalen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft sind sie aber eng vernetzt. So bekam beispielsweise das Dortmunder U als Landmarke und Wahrzeichen ein neues Corporate Design von labor b.
choices: Wird es an der Spitze einsam?
Simon Busse: An der Spitze? An der Spitze sind wir ja noch nicht. Auf jeden Fall haben wir noch nicht das Gefühl, dass wir seit 10 Jahren an der Spitze sind. Aber ich merke, dass die Projekte immer interessanter werden und dass man eine gewisse Größe braucht, auch an Mitarbeitern, um interessante Projekte überhaupt zu kriegen. In den ersten Jahren ist das ganz schön, kleine Sachen für sich alleine zu machen, aber irgendwann will man schon was machen, wo man auch gesehen wird. Ich glaube dennoch, dass wir immer noch sehr grundlegend an die Dinge rangehen und dieser Geist, dass wir die Sache machen, weil wir ein gutes Ergebnis haben wollen und uns intensiv mit den Themen beschäftigen wollen, der Geist steckt da noch drin.
Warum heißt das Labor B?
Der Grundgedanke war eigentlich, dass ein Labor ein Ort ist, wo geforscht wird und Dinge entstehen, die man zuvor nicht unbedingt erwartet hat, aber die dann begeistern können. Wo man sich also mal was trauen kann, ein geschützter Raum. Und B ist die Alternative, der zweite Weg, der Plan B. Es ist sehr selten, dass wir nur mit einer einzigen Idee ankommen. Wir haben immer einen Plan B dabei, meistens auch noch C und D, also immer mehrere Lösungsmöglichkeiten.
Was sind denn Food Porn Pics?
Das ist so ein Trend in den sozialen Medien, dass man sein Essen fotografiert und der ganzen Welt mitteilen muss, dass man jetzt gerade Schnitzel oder Sushi verspeist und das so und so aussieht. Seit unserer Gründungszeit gehen wir mittags immer gemeinsam essen. Manchmal gibt es eben besondere Sachen und dann wird das gerne fotografiert und online gestellt.
Wie prägt man das Erscheinungsbild einer Region? Mit Plakaten oder eher mit netter Kleidung?
Ich glaube mit netter Kleidung auf jeden Fall nicht. Das ist der Ruhrpott einfach nicht. Der Ruhrpottler ist aber auch nicht nur ein schönes Plakat. Irgendwie sind es die Projekte selber mit denen man was verändern kann, die wirklich was bewegen. So gesehen ist es immer eine Einheit aus ganz vielen Dingen. Also ich glaube, dass dem Ruhrgebiet gute Gestaltung, gutes Design gut tut, dass das hier wichtig ist und auch in Zukunft wichtiger wird.
Bräuchte man dafür ein gemeinsames Zeichen?
Wir arbeiten jetzt auch sehr viel für Städtebauer und Raumplaner, deshalb bin ich da auch thematisch etwas vorgeprägt was diese Grundgedanken angeht. Ich sehe das durchaus kritisch. Klar kann man sagen, dass Berlin und das Ruhrgebiet eine ähnliche Einwohnerzahl haben, aber das Ruhrgebiet hat eine größere räumliche Ausdehnung, es ist anders gewachsen. Das ist hier keine Stadt und es hat sehr viele Kirchtürme und das ist auch irgendwo gut. Ich finde es wichtig, dass das Ruhrgebiet es schafft, sich nach außen zu präsentieren und auch an dem Image zu arbeiten, ich glaube aber nicht, dass das einzelne Zeichen das ist, was das bringt.
Also Ihr seid kein Teil der politisch motivierten Verklärung des Ruhrgebiets?
Das sind wir nicht.
Was ist in der Region wichtiger, Innovation oder Seilschaft?
Mit Sicherheit Innovation. Mit Seilschaften kommt man nicht weiter. Also Innovation, aber nicht unbedingt so klassisch im ausgetretenen Sinne. Man muss wirklich immer wieder neue Wege gehen und sich einfach auch trauen bestimmte Dinge auszuprobieren. Ich weiß zum Beispiel auch nicht, ob diese Kreativwirtschaft, die man in den Städten zu installieren versucht, funktioniert. Da bezieht man sich auf ältere Konzepte und ich weiß auch nicht, ob man die überall hinverpflanzen kann, oft funktioniert das dann vor Ort nicht. Das sieht man auch in Dortmund: man möchte das jetzt um das U herum platzieren. Ob das klappt, das hängt von vielen Kriterien ab. Da kann man zwar ein Haus hin bauen und sagen, da sollen die Kreativen jetzt hin, aber wenn die Preise nicht passen, dann sind die vielleicht trotzdem in der Nordstadt, wo man die städteplanerisch vielleicht gar nicht haben wollte. Das ist ein schwieriger Prozess.
Zurück zum Design. Was ist wichtiger, Inhalt oder Oberfläche?
Der Inhalt in der Oberfläche würde ich sagen. Man kann natürlich immer sagen, erst die Funktion, dann die Oberfläche, erst der Inhalt, dann die Form. Aber im Endeffekt ist es schon so, dass sehr viele Leute erst die Oberfläche sehen und sich davon auch ein Stück weit blenden lassen. Das funktioniert immer sehr gut, wenn die Funktion auch sinnvoll mit drin ist und der Inhalt wirklich dabei ist. Ansonsten fällt es eben doch sehr schnell als platte Werbung auf. Wir leben ja in einer sehr übergestalteten Zeit, obwohl viele Bereiche noch sehr ungestaltet sind. Bei der Fernsehwerbung ist das unglaublich hochgerüstet. Angenommen da käme jemand, der seine Botschaft einfach nur vorliest, der würde natürlich gnadenlos untergehen und genauso ist es auch im Web. Kleinstprojekte irgendwelcher schrägen Communities haben teilweise abgefahren gute Internetauftritte – während sich die traditionelle kulturelle Einrichtung damit ganz schwer tut, weil die dafür ganz viel Geld einsetzen müssten. Gute Gestaltung muss immer den Inhalt beachten und beides muss zusammengehen – sonst funktioniert es nicht.
Wann wird Design zu Kunst? Nur als Vintage?
Schwierige Frage. Damit habe ich mich vor allem in meinem Studium lange mit beschäftigt, weil ich selber auch unentschieden war, in welche Richtung ich gehen möchte und da fand ich das Studium eine schöne Zeit, das auszuprobieren. Ich habe mich dann letztlich für die angewandtere Form entschieden und tue mich immer schwer, mein Tun als künstlerisch zu bezeichnen, auch wenn ich einer kreativen, künstlerischen Tätigkeit nachgehe. Ich finde das aber schwierig, Design als Kunst zu bezeichnen. Es ist natürlich eine Kunstform und viele kennen den Unterschied vielleicht nicht, aber ich würde von mir nicht sagen, dass ich ein Künstler bin. Das heißt nicht, dass Gestaltung oder Design nicht auch einen hohen künstlerischen Wert haben kann. Aber es ist nicht die Kunst, die man in ein Museum hängen sollte oder die man als solches betrachten sollte.
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums zeigt labor b ab sofort unter www.laborb.de/10-jahre eine persönliche Retrospektive auf bisherige Arbeiten und die vergangene Dekade mit ausgewähltem Material, das fortwährend ergänzt wird.
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