Eine junge Gymnasiallehrerin will nach einer Diebstahlserie eigenhändig die Täter ermitteln – und gerät zwischen alle Fronten. Seit seiner Premiere auf der Berlinale gilt İlker Çataks „Das Lehrerzimmer“ (Kinostart: 4.5.) als einer der großartigsten deutschen Filme der letzten Zeit. Die Deutsche Filmakademie nominierte den Film im März für 7 Lolas. Johannes Duncker, preisgekrönter Kurzfilmregisseur und Leiter des Kurzfilmfestivals Köln, schrieb zusammen mit Çatak das Drehbuch – und ist nun ebenfalls für den Deutschen Filmpreis nominiert.
Johannes, wann habt ihr mit der Arbeit am Drehbuch begonnen?
Diese ersten Ideen dazu gab es im Frühjahr 2019, bei einem gemeinsamen Urlaub sind wir darüber ins Gespräch gekommen. Den Großteil des Buches haben wir dann 2020 und im Frühjahr 2021 geschrieben.
War das Buch eine Reaktion auf ein bestimmtes Ereignis?
Meine Schwester ist Lehrerin für Mathematik und Physik. Sie hatte mir davon erzählt, dass es in dem Kollegium an ihrer alten Schule eine Reihe von Diebstählen gab. Da habe ich dann mit İlker drüber gesprochen und er erinnerte mich an ein Ereignis, das zu unserer Schulzeit stattgefunden hat. Wir sind zusammen in Istanbul zur Schule gegangen, und dort haben zwei Mitschüler geklaut. Es gab dann eine Durchsuchung in unserer Klasse – ganz ähnlich wie in unserem Film, nur nicht unter dieser vorgehaltenen Freiwilligkeit.
Diese Themen von Misstrauen und Verdächtigungen haben uns sofort interessiert. Wir hatten dabei nie vor, einen Film zum Thema Schule zu machen, haben aber gleichzeitig gemerkt, dass es ein wahnsinnig spannendes Spielfeld für gesellschaftliche Konflikte ist. Die Hierarchien, die existieren, die Ansichten, die aufeinanderprallen – das war dankbares Material.
Im Gewand eines Krimis wagt euer Film, anders als viele Lehrer-Boulevardstücke der letzten Jahre und Jahrzehnte, eine ungeheure gesellschaftliche Komplexität. Wie habt ihr die erarbeitet?
Wir haben von Anfang an gesagt: Mit dem Thema Schule haben so viele Menschen Überschneidungen, das müssen wir ernst nehmen, da können wir nicht einfach etwas behaupten. Natürlich haben wir auch geguckt, was es für Filme dazu gibt und es hat uns dann selbst ein wenig verwundert, dass das Thema Schule im deutschen Film, etwa im Vergleich zum französischen Film, so selten ernst genommen wurde.
Wir haben dann mit vielen Lehrer:innen, Schulpsycholog:innen und Schulleiter:innen gesprochen und haben selbst in Schulen hospitiert. Das war unglaublich bereichernd für das Drehbuch. Viele Dinge, auf die wir gestoßen sind, hätten wir uns so nie ausdenken können. Die Herausforderung lag dann darin, diese Details in eine spannende und stringente Handlung zu integrieren, bei der die Figuren nie aus Plotgründen motiviert sind oder weil sie „gut“ oder „böse“ sind. Stattdessen glaubt jede:r das Richtige zu tun – und gerade das sorgt für Konflikte.
Johannes Duncker stellt „Das Lehrerzimmer“ zu folgenden Terminen persönlich vor (mit Q&A nach der Vorführung):
Fr., 5.5. um 19 Uhr in der Filmpalette Köln
Fr., 5.5. um 20 Uhr im Weisshaus Köln
So., 7.5. um 18:30 Uhr in der Neuen Filmbühne Bonn
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