„Ich vermute, das wird ‘ne ziemlich laute Angelegenheit“, sagt Volker Zander, der mit seinem Kollegen Dirk Specht das dumpfe Wummern hinüberrauschender Autos und Straßenbahnen aufgenommen hat, das die Geräuschkulisse des Hohlraums der Deutzer Brücke prägt. Der Auftrag dazu kam von der vielseitigen Londoner Klangkünstlerin Ain Bailey, die die 27. Ausgabe der Brückenmusik gestalten wird.
Den zehnminütigen Mitschnitt bearbeitet Bailey nun, sampelt und mischt ihn zu der dreikanaligen Komposition „Trioesque“ zusammen, um sie dann an ihrem Ausgangsort wieder abzuspielen, so dass ein weiterer Soundmix entsteht. Wie genau das dann klingen wird, bleibt auch für die Organisator:innen bis zuletzt eine Überraschung: „Was Ain Bailey macht, ist immer sehr offen, intuitiv und persönlich und sie lässt sich auch nicht in die Karten schauen“, so Co-Kurator Zander.
Zander ist Teil des sechsköpfigen Brückenmusik-Teams, dessen erste Zusammenarbeit 2017 Jeremy Dellers Installation „Send Bat Echolocation Sounds to Dub Reggae Producers“ in die Deutzer Brücke brachte. Obwohl Zander nicht mehr viel Neues entdeckt, wenn er die Brücke betritt, hat sie für ihn nicht ihren Reiz verloren: „Die Brücke hat so eine irre Attraktivität, der man sich nicht entziehen kann und man muss einfach einmal im Jahr dorthin gehen“, so Zander, der inzwischen vor allem gespannt ist, was die Künstler:innen aus dieser rauen Leinwand machen.
Neu ist in diesem Jahr das „Brückenlabor“, das aus dem Wunsch des Brückenmusik-Gründers Peter Behrendsen entstand, den experimentellen Chor Glossa von Elisa Kühnl einzubinden. Behrendsen verstarb im letzten Sommer, eine Woche nachdem er mit dieser Idee an das aktuelle Team herantrat. Die Auflagen, die mit der künstlerischen Nutzung der Brücke verbunden sind, haben dazu geführt, dass ein ganz neues Format entstand, denn ein Konzert ist diesmal im Konzept nicht vorgesehen. Während die Band Nasssau vor drei Jahren noch im Brückenvorraum spielte, gibt es nun eine konzertante Führung durch den Hohlraum. Dabei kommen zehn Besucher:innen mit in die Brücke und vier Mitglieder des 12-köpfigen Chors Glossa performen. Auch hier bleiben das Resultat und seine Wirkung bis zuletzt noch offen, was selbst für die Kurator:innen aufregend ist, so Zander: „Wir werden kurz vorher immer alle etwas nervös, aber genau das ist auch das Schöne an dieser Arbeit.“
Brückenmusik 27 – Ain Bailey: Trioesque | 19.-28.8. | Deutzer Brücke, Eingang Markmannsgasse | Anmeldung: www.brueckenmusik.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Das Publikum herausfordern und einbinden“
Akiko Ahrendt über das Ensemble Garage – Interview 10/19
Musik für und in Köln
Die Klangsucher erforschen die Domstadt – Klassik am Rhein 05/19
Die Orgel als Tor zur Welt
Dominik Susteck sorgt für Neue Musik in St. Peter – Musikporträt 04/19
Aus der Fabrik in den Alltag und umgekehrt
Der April mit dem Ensemble Musikfabrik – Musikporträt 04/19
Aufbruch durch die Migration
Das Forum neuer Musik in Köln – Musik 04/19
Ein Rhythmus mit Filzstiften
Karlheinz Stockhausen in der Villa Zanders – Kunstwandel 12/18
Kultureller Zusammenprall
Mauricio Kagels „Mare Nostrum“ im Staatenhaus – Oper 10/18
Musikalische Messpunkte
1. Deutsches Stromorchester kratzt am 51. Breitengrad – das Besondere 09/18
Brennende Welt
„Die Soldaten“ an der Oper Köln – Oper 05/18
Der Klang von Pjöngjang
Das mœrs festival 2018 – das Besondere 05/18
Besonderes Jubiläum
Festival Acht Brücken findet zum achten Mal statt – Klassik am Rhein 04/18
Wellen des Aufstands
19. Forum neuer Musik in Köln – das Besondere 04/18
„Was ist ,analoger‘ als der menschliche Körper?“
Kuratorin Elke Kania über „Zeit-Bilder.“ im Aachener Kunsthaus NRW Kornelimünster – Interview 01/25
Mehr als Bilder an der Wand
„Museum der Museen“ im Wallraf-Richartz-Museum – kunst & gut 12/24
Vorgarten der Unendlichkeit
Drei Ausstellungen zwischen Mensch und All – Galerie 12/24
Vorwärts Richtung Endzeit
Marcel Odenbach in der Galerie Gisela Capitain – Kunst 11/24
Mit dem Surrealismus verbündet
Alberto Giacometti im Max Ernst Museum Brühl des LVR – kunst & gut 11/24
Außerordentlich weicher Herbst
Drei Ausstellungen in Kölner Galerien schauen zurück – Galerie 11/24
Fragil gewebte Erinnerungen
„We are not carpets“ im RJM – Kunst 10/24
Geschichten in den Trümmern
Jenny Michel in der Villa Zanders in Bergisch Gladbach – kunst & gut 10/24
Ein Himmel voller Bäume
Kathleen Jacobs in der Galerie Karsten Greve – Kunst 09/24
Leben/Macht/Angst
„Not Afraid of Art“ in der ADKDW – Kunst 09/24
Lebenswünsche
„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ in Köln – Kunst 09/24
Die Freiheit ist feminin
„Antifeminismus“ im NS-Dokumentationszentrum – Kunstwandel 09/24
Atem unserer Lungen
„Body Manoeuvres“ im Skulpturenpark – kunst & gut 09/24