Wer bedürftig ist, bekommt in Museen, Theatern und anderen städtischen Einrichtungen Rabatte. Das ist gut und richtig, denn Bürgerinnen und Bürger, vor allem Alleinerziehende, Familien und Geflüchtete mit wenig Geld im Portemonnaie, sollen vom kulturellen und gesellschaftlichen Leben nicht ausgeschlossen werden. Der Weg des Geldes, er führt nämlich bei weitem nicht immer in die eigene Geldbörse. Die Stadt Köln bietet daher Menschen mit geringem Budget über den „Köln-Pass“ Rabatte. Karten dieser Art gibt es auch in anderen Städten in NRW. Bedürftige profitieren davon, leider jedoch nicht alle und überall.
In der Stadt Hürth, die neben dem Gertrudenhof mit seinen 80 Hühnern, 15 Kaninchen und 10 Meerschweinchen keinen eigenen Zoo besitzt, gibt es den „Hürth-Pass“. Vom Namen her vergleichbar mit dem Kölner Pendant, von der Anwendung in Köln jedoch nicht. Das musste jüngst eine vierköpfige Familie erfahren. Er, in Köln lebend, sie und die Sprösslinge aus Hürth, wollen mit ihrer Rabattkarte für Bedürftige in den Kölner Zoo. Eine Tageskarte kostet dort regulär 19,50 Euro für Erwachsene, Kinder zahlen 9 Euro, Schüler, Studenten und Lehrlinge 14,50 Euro – zu viel für die Familie, die von Sozialleistungen lebt. Der Hürth-Pass wird vom Kölner Zoo nicht akzeptiert. Folglich soll die Familie rund 60 Euro berappen – Geld, das sie nicht hat. Mit einer E-Mail wendet sie sich freundlich an den Beschwerdeausschuss der Stadt Köln – und trifft dort auf offene Ohren bei Ratsfrau Dr. Birgitt Killersreiter (Grüne). Sie ist Professorin für Pflegewissenschaften an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management.
Nachgefragt, warum Köln keine Karten für Bedürftige akzeptiert – mit Ausnahme des Hürth-Pass – entbrennt im Ausschuss eine bemerkenswerte Diskussion. Die Kämmerei lehnt im Hinblick auf die Finanzierung und den Aufwand das Ansinnen der Familie ab. Sie – und jene, die sich in ähnlichen Situationen befinden – sollen den vollen Preis bezahlen, bedürftig hin, bedürftig her. Nachgefragt bei Prof. Dr. Killersreiter, wie sie zu diesem Vorgang steht, macht sich die Stadträtin Luft: „Es kann doch nicht sein, dass Sozialpolitik an den Stadtgrenzen Halt macht. Viele Menschen, die Arbeitslosengeld oder Hartz IV beziehen, können sich die Mieten in Köln nicht leisten und ziehen ins Umland. Damit verlieren sie die Köln-Pass-Berechtigung und sind von den öffentlichen Bildungs- und Kulturangeboten ausgeschlossen – oder sie zahlen den vollen Preis.“ Gerade sozial Benachteiligte müssten gefördert und unterstützt werden. „Nur dadurch wird eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben ermöglicht und die Zukunftsperspektiven dieser Menschen positiv verändert“, so Killersreiter. Revolutionär sei, wenn Köln auf umliegende Kommunen zugehen würde, um hier eine gemeinsame Lösung zu finden. Dass die Verwaltung die Eingabe der Familie zurückweisen will, kann die Grüne absolut nicht nachvollziehen: „Als Professorin beschäftige ich mich tagtäglich mit Gesundheit und Armut. Mich hat diese Eingabe sehr berührt. Eine Familie in dieser Situation, die ihren Kindern dennoch etwas bieten möchte, kann den hohen Preis für den Kölner Zoo einfach nicht aufbringen. Denn der ist schweineteuer!“
Auf Vorschlag der Grünen wird die Stadtverwaltung nunmehr Kontakt mit den Nachbarkommunen aufnehmen, um eine Lösung für Bedürftige in der gesamten Region herbeizuführen. Ziel sollte es sein, dass sie gleichermaßen ermäßigten Zugang zu kommunalen Einrichtungen in der Region erhalten. Dies müsste durch einen regionalen Verbund mit einem Finanzausgleich – ähnlich wie beim ÖPNV – machbar sein, so Killersreiter. Die Stadträtin will am Thema dranbleiben. Gut so!
RÜCKBLICK: Nachgehakt – der ‚kölsche Klüngel’
Der ‚kölsche Klüngel auch unter Henriette Reker’ war Thema in choices 11/18. Reagiert hat die Oberbürgermeisterin auf den Beitrag bislang leider nicht, ebenso wenig ihre Verwaltung. Dafür haben sich andere gemeldet, die von Intransparenz und Klüngel in der Rheinstadt berichten – und Belege vorbringen. So zum Beispiel in Braunsfeld, Kölns Nobelkiez, wo bei einem Bauprojekt Parteispenden in beträchtlicher Höhe eine Rolle spielen sollen. Ein Thema, dem wir uns widmen werden.
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