Es gibt einen „und jährlich grüßt das Murmeltier“-Effekt, der sich bei mir unweigerlich einstellt, sobald ich das Programmheft des Köln Comedy Festival (13. bis 29.10.) zur Hand nehme: Viele kleine Köpfchen auf der unteren Hälfte des Umschlags, der Hintergrund in warmen rot-gelb-Tönen gehalten und das Wort „Comedy“ in großen bunten Buchstaben aufgedruckt: Es ist mal wieder Oktober, die Comedians, Kabarettisten und Was-auch-immer-Vorleser, Chansonniers und Liedermacher, Klavier- und Gitarrenspieler, Zauberkünstler und Sprachartisten kommen nach Köln, um ein Fitzelchen von dem großen Kuchen abzubekommen, den das Publikum mit dem Erwerb von Eintrittskarten verteilt. Vulgo: Die Comedy boomt!
Erst bei genauerer Begutachtung entsteht so etwas wie Vorfreude, Neugierde und Spannung auf das, was die Macher für unsereins ausgesucht haben. Wir wollen ja nur lachen – nicht unter Niveau, versteht sich, die Birne darf ruhig angezündet bleiben. Und da macht es dann „klick“: Neben den hinlänglich bekannten Nasen, die in Hallen wie der Lanxess Arena auftreten, gibt es wieder überraschend viele Newcomer oder Nischen-Besetzer, die unser aller Aufmerksamkeit verdienen. Zum Beispiel el mago masin (ja, er schreibt sich in kleinen Buchstaben!), der im Ersten Kölner Wohnzimmertheater (14. und 15.10.) zeigt, was ein Anarcho-Liedermacher ist: einer, der gerne mal am Duschgel nascht und mit dem Publikum das Alphabet rauf- und runterbetet – sehr witzig.
Oder Thomas Kreimeyer, der mit seinem „Steh-Greif-Kabarett“ ins Atelier Theater (18.10.) kommt, im Gepäck ein roter Stuhl und ein Riesensack voll mit Improvisationskunst. Die braucht er nämlich, um einen Abend ausschließlich mit Gesprächen zu bestreiten, die er mit den Zuschauern führt – da kann im wahrsten Sinn des Wortes wirklich alles entstehen – nur keine Langeweile. An selber Stelle (am 17.10.) wird der Mützen-Träger, Poetry Slam-Vizeweltmeister, Prix Pantheon-Gewinner und choices-Kolumnist Sebastian23 „dem Schicksal ein Schnittchen schmieren“ – man darf auf den Belag gespannt sein.
Ebenfalls im Zwischenreich von Kabarett, Comedy und Poetry Slam bewegt sich Sarah Hakenberg mit ihrem „Fleischhauerball“ in der Comedia (19.10.). Wobei die Spezialität der aus München kommenden Künstlerin darin besteht, mit dem reizendsten Lächeln der Welt die gemeinsten Boshaftigkeiten von sich zu geben. Noch einen der spärlich gesäten Auftritte von Frauen sollte man sich nicht entgehen lassen: Uta Köbernick entwirft im Atelier Theater (20.10.) eine schaurig schöne „Sonnenscheinwelt“. Die mit herzerfrischender Natürlichkeit gesegnete Kleinkünstlerin verwandelt das Publikum zu glucksenden Geschöpfen – mit poetischen Liedern, zu denen sie sich an Gitarre, Klavier und Geige begleitet, doppeldeutigen Aphorismen („Ich kann mein Glück nicht fassen“) und der Fähigkeit, alltäglichen Phänomenen eine zweite Ebene hinzuzufügen. Sie fragt sich, ob Dinge und Sachen nicht mal etwas anderes machen könnten, als ihr zu passieren, erfindet für Dauertelefonierer eine Maulhaltestelle und legt der Zeit einen Stoßseufzer in den Mund: „Es ist ein großes Vergehen“.
Um die Frauenquote wenigstens an dieser Stelle zu erhöhen: Mit der „Ladies Night“ in der Comedia (23.10.) gibt es ein Gipfeltreffen weiblicher Talente. Moderatorin Nessi Tausendschön darf die frisch mit dem Publikumspreis der St. Ingberter Pfanne ausgezeichneten Kernölamazonen aus Österreich, die provokante Patrizia Moresco und die sympathisch durchgeknallte Barbara Ruscher, ankündigen – da könnte man glatt neidisch werden! Also bis die Tage beim KCF – es grüßt die Ihnen stets ergebene
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