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Ausstellungsansicht „To Walk A Line, Teil 1“
Foto: Roel Weenink

Eingeschrieben in Bild und Ton

07. September 2016

Pluriversale V eröffnet mit „To Walk A Line“ von Katarina Zdjelar – Kunst 09/16

Die thematische Wichtigkeit für die Stadt Köln stellte Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach bei der Eröffnung heraus. Die Pluriversale fördere Diskussionen, die ohne sie in der Stadt nicht geführt würden. Ein Blick in das Programmheft zeigt, dass dies nicht nur für die vergangene vierte Pluriversale gilt, die direkt auf die Ereignisse der Silvesternacht in Köln Bezug genommen hat. Auch in dieser Ausgabe bieten die internationalen Künstler dem Besucher den besonderen Blick von außen auf Themen wie Migration, auf Krisengebiete in der Welt und die Folgen für Europa und für die Stadt Köln.

Zeitgleich ist die thematische Einzelausstellung der Künstlerin Katarina Zdjelar in den Räumen der Akademie zu sehen. Die Arbeiten der in den Niederlanden lebenden, in Belgrad geborenen Künstlerin werden in zwei Teilen gezeigt, „To Walk A Line, Teil 1“ hatte am letzten Freitag Eröffnung. Zu sehen sind neun Werke, die hauptsächlich aus Kurzfilmen und Videoarbeiten bestehen. Diese sind zwischen drei und 15 Minuten lang und laufen in Dauerschleife. Auffällig ist eine Konzentration auf die Tonspur, oft spielt die Sprache eine wichtige Rolle. „The Perfect Sound“ zum Beispiel meint das perfekte, ohne Akzent ausgesprochene Englisch. Zu sehen sind zwei Männer: Ein Sprachtherapeut macht Töne durch Mund- und Lippenbewegungen vor, ein junger Mann versucht, sie nachzumachen – um seinen Akzent loszuwerden. Die Nahaufnahmen der Körper bekommen irgendwann ihren eigenen (filmischen) Rhythmus, das Geschehen zeugt nicht nur von großer Konzentration und Anstrengung, es entbehrt auch nicht einer gewissen Absurdität.


Künstlerische Leiterin der Pluriversale: Ekaterina Degot, Foto: Mario Müller

Die Sprache und ihr Einfluss auf den Menschen, auch der Versuch der Kontrolle und der (Macht-)Ausübung zeigen auch zwei weitere Werke. „A Girl, the Sun and an Airplane Airplane“ zeigt Aufnahmen von Albanern, die gebeten werden, Russisch zu sprechen. Sie entstammen jedoch einer Generation, die früher zur russischen Sprache gezwungen wurde, sich damit aber heute sichtlich sehr schwer tut.

Den spielerischen Umgang mit einer fremden Sprache zeigt dagegen „Shoum“.  Der 80er-Jahre-Pophit „Shout“ von Tears for Fears wird von zwei Musikern angehört, um den Text zu notieren. Da sie kein Englisch können, wird aus dem Titel „Shoum“, und auch der Rest des Songs klingt plötzlich nach einer ganz fremden Sprache.

Die Arbeiten Zdjelars zeigen Versuche, unerwünschte (gesellschaftliche) Zustände vom Einzelnen her zu überwinden. Dabei steht mehrfach ein Scheitern im Mittelpunkt, worauf auch Kuratorin Ekaterina Degot in ihrer Rede aufmerksam macht. Im Scheitern aber lassen sich positiv gewendet auch Strukturen erkennen, die sonst verborgen bleiben. Bei Katarina Zdjelar sorgt das nebenbei auch für eine feine Komik, die allerdings nie auf Kosten der dargestellten Menschen geht. So wirkt in „Act II“ die Darstellung eines serbischen Einwanderers, der im Voice-Over seine Arbeit als Schauspieler beschreibt, durchaus komisch: Seine kleinen und kleinsten Rollen sind zwar mit viel Aufwand gedreht, werden aber herausgeschnitten, gar nicht genutzt, oder dauern letztlich nur Sekunden im fertigen B-Movie. Zdjelars Film zeigt auf Bildebene nur angeschnittene Details des Protagonisten vor einer weißen Wand. Wenn er am Ende dann (endlich) komplett zu sehen ist, hat seine Erzählung längst auch eine tragische Note: Der Mann mit Migrationshintergrund ist letztlich abonniert auf die Rolle des Unerwünschten, spielt meist nur Kriminelle oder Betrunkene.

Die Ausstellung „To Walk a Line“ soll sich im Laufe der fünften Pluriversale verändern, unter anderem erweitert durch Werke anderer Künstler wie Petrit Halilaj oder Aernout Mik. Dafür bekommt sie sogar eine zweite Ausstellungseröffnung am 27. Oktober. Dann wird auch die Künstlerin zum Gespräch anwesend sein, die diesmal leider verhindert war. Wer so lange nicht warten will, kann Katarina Zdjelar aber auch schon vorher in einem Künstlergespräch innerhalb der Ausstellung erleben.

Pluriversale V / Ausstellung „To Walk A Line“ | bis 16.12. | Eröffnung Teil 2: Do 27.10. 19 Uhr | Gespräch Katarina Zdjelar & Lucy Cotter: Di 13.9. 19 Uhr | academyspace, Herwarthstraße 3

Mario Müller

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