Wie sieht eine Million Euro aus? Der Fotograf Ralf Kaspers hat die nötigen 500 Euro-Scheine übereinandergelegt und für uns fotografiert. Ein elektrisierender Schimmer violetter Farbe wird sichtbar, wenn man den Stapel von der Seite betrachtet. Kaspers hat die Aufnahme mannshoch vergrößert, und sein Bild beeindruckt nachhaltig, weil die kleinen Gegenstände in der Vergrößerung eine wuchtige, schöne Realität erhalten. Zu sehen ist seine Arbeit mit dem Titel „Euros“ derzeit in der Städtischen Galerie Villa Zanders in Bergisch Gladbach. „Wahlverwandtschaften – Papier und Fotografie“ nennt sich die Schau, in der Sympathie auf vielfältige Weise zum Thema wird.
Sieben Künstler (Nina Brauhauser, Klaus Hansen, Ralf Kaspers, Wolfgang Lüttgens, Johanna von Monkiewitsch, Petra Weifenbach, Michael Wittassek) werden in sieben Räumen gezeigt, und jeder von ihnen konnte sich aus dem Bestand der Sammlung Arbeiten aussuchen, um sie mit eigenen Werken zu kombinieren. So stehen zwischen Kaspers' großen Formaten etwa die „Geflügelten Worte“ von Timm Ulrichs, in denen das zu einem Vogel zurechtgeschnittene Papier gleich davonzufliegen scheint. Gleichzeitig schlängeln sich mit der Arbeit „fase azul“ von Jac Leirner unzählige gebrauchte Geldscheine die Treppenstufen hinauf. Das Papier und der nominelle Wert, der ihm aufgedruckt wurde, sprechen nicht nur bei dieser Installation von zwei Realitäten.
Auf vielfältige Weise taucht in der Ausstellung die Frage nach Bild und Abbild auf. Kann das Bild buchstäblich zum Ersatz für den Gegenstand werden, indem es ihn auch in seiner Plastizität ersetzt? Petra Weifenbach gibt darauf konkrete Antworten, indem sie Bücher oder Aktenordner fotografiert und aus dem belichteten Fotopapier ein Objekt nachbaut. So hat sie aus den Flyern und Leporellos der Kölner Museen etwa einen Schrein konstruiert. Mit dem Blick auf ihre Arbeiten verändert sich auf diese Weise auch unser Verständnis der Originalobjekte.
Sehen und Berühren sind zwei Lüste und zwei Erkenntnisinstrumente auf die sich auch die Arbeiten von Johanna von Monkiewitsch beziehen. Die 34jährige Künstlerin faltet Papier, fotografiert die Faltung und faltet dann das harte, fotografische Bildmaterial genauso wie zuvor das Papierobjekt. Subtil rückt sie damit die Komponente des Lichts ins Bewusstsein. Papier erhält seine Faszination durch Transparenz, Spiegelungen und Schatten, erst das Licht verleiht ihm seine prachtvolle Plastizität.
Dass Fotografie und Papier eine besondere Beziehung verbindet, erklärt sich nicht alleine aus der Tatsache, dass die Bilder bis in unsere Tage das Papier als Trägermaterial benötigten. Der Gedanke eines in sich pointiert verarbeiteten Sujets, das Aussagekraft besitzt und den Betrachter in seine Komposition als Dialogpartner einbindet, findet sich in dieser Ausstellung in jedem Exponat wieder. Hier sind sich die Bilder nicht selbst genug.
Klaus Hansen zeigt in seinen Fotografien noch einmal, dass die Großstadt einen beträchtlichen Teil ihrer Attraktivität aus der Anwesenheit des Papiers im öffentlichen Raum bezog und bezieht. Berlin und Paris sind ohne die Plakate und ihren graphischen Schrei nach Aufmerksamkeit als Metropolen nur schwer vorstellbar.
„Wahlverwandtschaften“ und „Papier und Fotografie“ I bis 15.9. I Städtische Galerie Villa Zanders, Bergisch Gladbach I 02202 14 23 34
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