Das T-Shirt „Kansas Trump Country 2020“ kostet 28 Dollar. Kansas ist eigentlich republikanisches Stammland, auch wenn seit 2019 die seit Jahrzehnten erste Demokratin den Bundestaat regiert. Und von dort stammt Dorothy, die Heldin in L. Frank Baums „Der Zauberer von Oz“. Und dorthin möchte sie auch zurück. Dabei hat schon die legendäre Hollywood-Verfilmung aus dem Jahr 1939 dieses Kansas nur in Schwarz-Weiß gezeigt. Das magische Land Oz, in das es Dorothy mit ihrem Hund Toto verschlägt, dagegen in sattesten Farben. Ein ausgebleichter Sunflower-Staat mit der Farm von Tante Emmy und Onkel Henry, schon damals heimgesucht von Wirbelstürmen, aus dem Dorothy und Toto in das Land der Munchkins verweht wird. Dort erlebt sie dann mit dem Blechmann, der Vogelscheuche und dem Löwen diverse utopische Abenteuer. Seit den 1960er Jahren weiß man, dass der Journalist L. Frank Baum in seinem Märchen vom Ende des 19. Jahrhunderts auch eine politische Allegorie versteckt hat, die auf den Aufstieg der Populistischen Partei, auf die damalige Geldpolitik, die Situation der Farmer usw. verweist. Tom Müller wird das Märchen am Theater der Keller herausbringen.
Ein anderes aus der Zeit herausgeschnittenes Utopia stellt der Roman „Der endlose Sommer“ vor. Autorin ist die dänische Performerin, Sängerin, Autorin Madame Nielsen. Der 2014 erschienene Roman spielt auf einem Gutshof in Jütland, auf dem ein verbitterter Stiefvater regiert. Verbittert, weil seine aristokratische Frau nie seine Liebe erwidern wird. Mit seinem plötzlichen Verschwinden faltet sich eine vermeintlich aus der Zeit gefallene Oase auf, bevölkert von der Aristokratin, einem Mädchen, ihrem Freund sowie zwei Portugiesen. Die Liebe zwischen der Aristokratin und dem halb so alten portugiesischen Jungen ist nur eine äußere Station des Plots. Entscheidend ist der Schwebezustand, der durch die oszillierende Sprache erzeugt wird. Die Hierarchie der Realität scheint aufgehoben im Glanz einer Melancholie, die kleinste Gesten, Lichteinfälle oder selbst Staubschlieren als Metaphern liest. Regisseurin Lucia Bihler von der Berliner Volksbühne hat sich den nicht einfachen Text für ihr Debut am Schauspiel Köln ausgesucht.
„Der Zauberer von Oz“ | R:Tom Müller | 20.3.(P) | Theater der Keller | 0221 31 80 59
„Der endlose Sommer“ | R: Lucia Bihler | 28.3.(P) | Schauspiel Köln | 0221 221 284 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die Existenzkrise der Kunst
„Do not touch“ am TdK
Schussbereite Romantik
„Der Reichsbürger“ in der Kölner Innenstadt – Auftritt 01/25
Fluch der Stille
„Ruhestörung“ am TdK – Theater am Rhein 12/24
Vererbte Traumata
Stück über das Thiaroye-Massaker am Schauspiel Köln – Prolog 12/24
Biografie eines Geistes
„Angriffe auf Anne“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 11/24
Bis der Himmel fällt
Franz Kafkas „Der Bau“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 09/24
Der Witz und das Unheimliche
Franz Kafkas „Der Bau“ am Theater der Keller – Prolog 08/24
Schöpfung ohne Schöpfer
Max Fischs Erzählung „Der Mensch erscheint im Holozän“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 05/24
„Wir wissen nicht viel über das Universum“
Ronny Miersch inszeniert „Der Mensch erscheint im Holozän“ am TdK – Premiere 04/24
Flucht auf die Titanic
„Muttertier“ am Schauspiel Köln – Prolog 03/24
Parolen in Druckerschwärze
„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ am Schauspiel Köln – Auftritt 03/24
„Es wird ein Kampf um Vormachtstellung propagiert“
Rafael Sanchez inszeniert „Die letzten Männer des Westens“ am Schauspiel Köln – Premiere 03/24
„Es geht schlichtweg um alles“
Regisseur Marcus Krone und Schauspielerin Kristina Geßner über „Am höchsten Punkt“ in der Orangerie – Premiere 01/25
Endsieg für Ödipus
Elfriede Jelineks „Am Königsweg / Endsieg“ in Bonn – Prolog 01/25
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater am Rhein 01/25
Ausweg im Schlaf
„Der Nabel der Welt“ in Köln – Theater am Rhein 01/25
Klamauk und Trauer
„Die Brüder Löwenherz“ in Bonn – Theater am Rhein 01/25
Ein Bild von einem Mann
„Nachtland“ am Theater Tiefrot – Theater am Rhein 12/24
Im Land der Täter
„Fremd“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 12/24
Freude und Bedrückung
35. Vergabe der Kölner Tanz- und Theaterpreise in der SK Stiftung Kultur – Bühne 12/24
Das Mensch
„Are you human“ am TiB – Theater am Rhein 12/24
Lang lebe das Nichts
„Der König stirbt“ am Schauspiel Köln – Auftritt 12/24
„Andere Realitäten schaffen“
Dramaturg Tim Mrosek über „Kaputt“ am Comedia Theater – Premiere 12/24