Mit einem neuen und einem bekannten Gesicht eröffneten die beiden großen Kölner Klangkörper des WDR Sinfonieorchesters sowie das Gürzenich-Orchester am vergangenen Wochenende in der Kölner Philharmonie die Saison.
Für regelrecht magische Momente sorgte dabei der „Neue“ am Pult des WDR Sinfonieorchesters, der rumänische Geiger und Dirigent Christian Măcelaru. Bei seinem Antrittskonzert am 6. September hatte er ein sehr spezielles Programm zusammengestellt, das seine Intention ausdrücken sollte, das WDR Sinfonieorchester in jedem Repertoire und jeder Epoche zur Exzellenz zu führen. So standen sich an diesem Abend Mahlers Sinfonie Nr. 4, Jörg Widmanns „Tanz auf dem Vulkan“ und Dvořáks „Te Deum“ gegenüber. Eine umgekehrte Reihenfolge sollte sich als eigentlich bessere Lösung herausstellen, denn das Highlight des Abends war eindeutig der Mahler. Sehr energetisch und ohne Frack trat Măcelaru an das Pult und von den ersten Tönen an wurde deutlich: Hier stimmt die Chemie! Mit äußerster Klarheit und dennoch großer Sensibilität schuf er gemeinsam mit seinem Orchester Momente in Mahlers Vierter, die einem den Atem stocken ließen. Măcelaru gelang es hier bereits bei seinem Einstand eine Atmosphäre zu schaffen, die es ihm ermöglichte, mit dem Orchester ein ganz feines Pianissimo zu gestalten. So gelang besonders der langsame Satz überirdisch gut.
Mit Widmanns Werk und Dvořáks geistlichem Chorwerk bewies der neue Dirigent auch sein Können in anderen Genres. Gerade bei Letzterem ist auch die Leistung der beiden Solisten Simona Šaturová (Sopran) und Michael Nagy (Bariton) sowie des Chors des Bayerischen Rundfunks und des WDR Rundfunkchors hervorzuheben. Ein großartiger Einstand des neuen Orchesterchefs, der vom Publikum mit stehenden Ovationen belohnt wurde. Man darf sich auf die Zeit mit Cristian Măcelaru ganz offensichtlich freuen.
Ein altbekanntes Gesicht stand beim Festkonzert des Gürzenich-Orchesters zum Auftakt der Saison am Pult: François-Xavier Roth eröffnete somit am 8. September die mittlerweile fünfte Spielzeit mit ihm als Leiter des alteingesessenen Kölner Orchesters. Das Ergebnis einer Neuerung während seiner Zeit konnte man direkt zu Beginn des Konzerts erleben: In seiner zweiten Spielzeit gründete Roth die Orchesterakademie des Orchesters, die als Schnittstelle für junge Orchestermusiker zwischen Studium und Beruf fungiert. Acht Mitglieder der Orchesterakademie setzten zu Beginn Edgard Varèses komplexes Werk „Octandre“ höchstkonzentriert um.
Zu einem einzigen Schwelgen wurde im Anschluss Richard Strauss‘ sinfonische Dichtung „Tod und Verklärung“, dieses Mal natürlich mit dem vollbesetzten Orchester. Es war eine Freude, dem Orchester, das unter Roths Leitung wie eine gut geölte Maschine funktionierte, beim Spielen zuzuhören und zu sehen. Roth, der als Dirigent eher mit kleinen Gesten agiert, trug das Orchester immer wieder auf Händen – wunderbar, ihm dabei zuzusehen. Nach der Pause verwiesen die Musiker mit Berlioz‘ „Symphonie fantastique“ auf den musikalischen Schwerpunkt in dieser Saison, das Oeuvre des französischen Komponisten. Durch die Bank weg zeigte sich das Gürzenich-Orchester hier von seiner besten Seite, voller Elan und in jeder Hinsicht präzise. Dafür gab es nach dem gewaltigen Hexensabbat Bravo-Rufe aus dem Publikum.
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