Das Geheimnis hinter Tools zur Bilderkennung wie der Lens App seien künstliche neuronale Netze, erklärt Inge Schwank, Professorin für Mathematik und ihre Didaktik sowie Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Mathematikdidaktik der Universität zu Köln. Diese basieren auf Algorithmen, die der Funktionsweise des menschlichen Gehirns nachempfunden sind. Sogenannte Neuronen nehmen Informationen auf, verarbeiten diese und geben Ergebnisse aus – vereinfacht gesagt. Riesige Datenmengen von Bildern, Texten oder Ähnlichem lassen sich so kategorisieren, unbekannte Daten auf Grundlage von Eigenschaften bekannter Daten sortieren und damit komplexe Probleme lösen. Neuronale Netze gelten als Grundlage der Künstlichen Intelligenz und begegnen uns etwa bei elektronischen Sprachassistenten oder personalisierter Werbung.
Digitale Unmündigkeit
„Ich wundere mich immer, wie wenig Bewusstsein es dafür gibt“, sagt Schwank, „digitale Prozesse als Black Box machen Menschen abhängig davon, was andere mit ihren Daten anstellen“. In Bezug auf Künstliche Intelligenz und Algorithmen hätten Politik und Gesellschaft es noch nicht geschafft, digitale Mündigkeit im Sinne der Aufklärung zu schaffen. Der seltene Informatikunterricht helfe beim Verständnis meist wenig weiter, Inhalte gingen kaum über Textverarbeitung oder Internetrecherche hinaus. Seit 2021 ist Informatik in den Jahrgangsstufen 5 und 6 immerhin schulformübergreifend Pflichtfach in NRW.
Mit dem vom Ministerium für Schule und Bildung NRW geförderten Projekt „KI-Algorithmen im Informatikunterricht“ will Schwank gemeinsam mit Projektpartnern (dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme, der Abteilung Mathematik der Universität zu Köln und der InterScience-Akademie für Algorithmik) Schülerinnen und Schülern einen praxisnahen Einstieg in die KI-Thematik ermöglichen. Die Idee: Am Fraunhofer-Institut wird die Open-Source-Plattform Open Roberta Lab um Künstliche Neuronale Netze erweitert. So sollen KI-Algorithmen durch grafische Programmierung intuitiv erleb- und verstehbar werden. Ergänzende Unterrichtsmaterialien entwickelt das Institut für Mathematikdidaktik. Schwank erklärt die Beta Version des virtuellen Tools, das im Herbst 2022 online gehen soll: In einem einfachen neuronalen Netz lassen sich beispielsweise die Werte für den Einfluss der Farbhelligkeit verändern und so die Bewegungsrichtung eines Roboters korrigieren.
Erprobung der Lernmaterialien
Im Januar 2023 werden die Lerninhalte in drei sechsten Klassen des Kölner Gymnasiums Königin-Luise-Schule erprobt. Die Unterrichtsmaterialien können dann Vorbild sein für andere Schulen. „Weil das Thema so komplex ist, geht es bei den Lerninhalten nicht um ein tief gehendes Verständnis. Aber sie sind Türöffner für eine neue Welt und Denkweise“, ist Schwank überzeugt. Ganz einfache Algorithmen können sogar schon Vorschulkinder spielerisch gestalten, erklärt sie und zeigt eine Art Bauklötzchenspiel – pädagogisch wertvoll ohne Bildschirm und Tastatur. Auch für die Grundschule gäbe es altersangemessene Spiele, um Grundlagen der Informatik spielerisch zu erlernen.
Perspektivisch wünscht sich Schwank eine Ausweitung des Projekts für höhere Jahrgangsstufen. Auch ethische und wissenschaftsphilosophische Probleme rund um das Thema Künstliche Intelligenz könnten dann verstärkt vermittelt werden.
ROBOTERLIEBE - Aktiv im Thema
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