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Ein Trashboom in Kanpur, Indien
Foto: Plastic Fischer

Was keiner haben will

29. August 2024

Teil 1: Lokale Initiativen – Das Kölner Unternehmen Plastic Fischer entsorgt Plastik aus Flüssen

Schätzungen zufolge beläuft sich die Menge des Plastikmülls in den Ozeanen auf 100 Millionen Tonnen, jedes Jahr kommen weitere 5 bis 13 Millionen Tonnen hinzu. Gut achtzig Prozent gelangt über Flüsse und Küstenregionen dorthin, genauer sind es etwa 1.600 Flüsse, die zum Großteil der Plastikverschmutzung beitragen. Darunter auch der Mekong, wie Karsten Hirsch 2018 feststellte: Um seinen Studienabschluss zu feiern, war er mit Freunden nach Vietnam gereist, ihr Appartement bot Blick auf den gewaltigen Strom. „Da haben wir Unmengen an Plastik im Fluss schwimmen sehen“, erzählt er, „das hat uns sehr beschäftigt. Es gibt ja bereits Unternehmen, die Plastik aus dem Meer fischen, allerdings mit hohem Aufwand und wenig Effekt. Wir haben allerdings keines gefunden, das Plastik bereits in den Zuströmen herausfischt, damit es gar nicht erst in den Ozean gelangt.“

Lösungen vor Ort

Heute bieten er und seine Mitarbeitenden beim Kölner Unternehmen Plastic Fischer eine Lösung an: den Trashboom, „im Prinzip ein schwimmender Zaun, der in den Fluss eingesetzt wird und mit dem Plastik durch die Fließgeschwindigkeit des Flusses herausgefischt wird“, beschreibt er das Prinzip. „Eine supersimple und preiswerte Technologie, die überall auf der Welt gebaut und gewartet werden kann“. Denn für Hirsch war klar, „als Kölner Jurist kann ich nicht das Müllproblem in Indien oder Indonesien lösen“, sagt er, „das müssen die Menschen vor Ort selbst tun können.“

Nach der Firmengründung war Hirsch mit Mitgründer Moritz Schultz an einen verdreckten Fluss in Indonesien gezogen, um an der Technik zu arbeiten. Mit Materialien aus dem Baumarkt konstruierten sie die erste Version des Trashbooms. Dabei weckten sie das Interesse der indonesischen Armee, die für die Säuberung des Flusses zuständig war. Inzwischen zahlt Plastic Fischer in Indonesien und Indien lokalen Arbeitern ein geregeltes Einkommen, damit diese an 42 Standorten Plastikmüll aus Flüssen fischen können. 79 Arbeitsplätze haben sie so bisher schaffen können und bislang insgesamt 1.624 Tonnen Flussplastik gesammelt. „Wir hier in Köln sind vor allem damit beschäftigt, Geld zu organisieren, um die Arbeit vor Ort zu finanzieren.“ So werben sie etwa um Mittel von Firmen, die das Geld im Rahmen ihrer Marketing- oder Nachhaltigkeitsstrategien investieren. Auch Privatleute können sich beteiligen.

Wertloses Plastik

Der größte Teil des Flussplastiks wird anschließend in Zementwerken verbrannt. „Das klingt nicht besonders sexy“, räumt Hirsch unumwunden ein, „aber nur ein Bruchteil des Plastiks ist recyclebar, das meiste ist wertlos. So supplementieren wir zumindest den Verbrauch von Kohle“. Mit dem Sammeln von recyclebarem Plastik würden vor Ort bereits viele Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten. „In diesen informellen Sektor wollen wir nicht eingreifen. Wir sammeln das, was sonst keiner haben will.“

Für ihren Ansatz haben Hirsch und seine Mitstreiter bereits Auszeichnungen erhalten, etwa durch das World Economic Forum. „Wir verlieren aber nicht die Größenordnung des Problems aus den Augen“, sagt er, „wir müssten etwa hundertmal so groß werden, um wirklich einen Unterschied zu machen.“ Nach wie vor sei die Finanzierung der Arbeit der Knackpunkt. „Ideal wäre, wenn die örtlichen Behörden und die dort produzierenden Unternehmen wie Unilever oder Procter & Gamble Verantwortung übernehmen würden“, so Hirsch. Noch sei man aber auf Geld aus Deutschland angewiesen. „Wir haben viele Argumente für Unternehmen und Privatleute, die einen Beitrag leisten wollen.“

Christopher Dröge

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