Kino macht Spaß: Es spinnt Geschichten oder schmückt Geschichten aus, die es schon gibt. Und wenn das gut funktioniert, werden die Geschichten weiter gesponnen. Denn: „Never Change a Running System.“ Das gelingt im Mainstream-Kino, von Sternenkriegern bis zu Comichelden, besonders gut. Blockbuster sind Geldmaschinen, die müssen laufen, bestenfalls weltweit – und systemübergreifend. Also bereinigt man sie von verfänglicher Haltung und reduziert sie auf universelle Freizeitgrundbedürfnisse wie Staunen, Lachen und Tränen, die nicht wehtun. Das kann durchaus Spaß machen. Wenn es dann auch in Serie nicht mehr weiter geht, folgt irgendwann die Origin Story, wie in diesem Monat „Joker“. Oder ein Spin-off, das andere Randfiguren in den Mittelpunkt rückt. Oder das Reboot: Alles auf Anfang. Oder fast auf Anfang, wie in diesem Monat bei „Terminator: Dark Fate“, der die letzten drei Fortsetzung einfach komplett ignoriert und noch einmal frisch nach Teil zwei ansetzt. Die Zuschauer haben damit für gewöhnlich kein Problem, und das ist nur konsequent, denn das klappt ja auch im richtigen Leben: Wenn es gut läuft, macht man weiter, was nicht gut läuft, wird verdrängt, verschwiegen, relativiert, ersetzt. Dass kennen wir ja von der Politik.
Und im Programmkino? Hier geht vergleichsweise wenig in Serie – Arthausfilme sind eben einzigartiger. Und so ereilt uns bis heute weder ein „Jules et Jim et Jean“ oder „Das achte Siegel“ noch das Spin-off „Die Schwester der Frau des Leuchtturmwächters“ oder das Prequel „Der vorletzte Kaiser“. Wenn es hoch kommt, inszenieren Arthaus-Regisseure allemal das Remake ihres eigenen Films. Das ist für gewöhnlich dem Umstand geschuldet, dass das Original nicht in Englisch gedreht wurde und jetzt auch vom US-Publikum wahrgenommen werden will, zuletzt geschehen bei „Gloria“. Auch Michael Haneke hatte seinen „Funny Games“ nicht fortgesetzt, sondern 2007 noch einmal gedreht und das Remake aussagekräftig „Funny Games U.S.“ betitelt. Zeitversetzte Zwillingswürfe, US-marktorientiert statt künstlerisch motiviert? An sich ungehörig für das Autorenkino.
Grundsätzlich sind Arthausfilme zeitloser als Blockbuster und benötigen keine technisch modernisierten Remakes. Stattdessen bekommen sie lieber mal Wiederaufführungen spendiert. Das gilt natürlich auch fürs Mainstream-Kino, dort findet man ja auch viele Schätze, die mittlerweile im Programmkino landen. Wiederaufführungen jedenfalls bilden einen erfreulichen Trend, der in letzter Zeit verstärkt die Spielstätten belebt. Einzelne Kinos holen bereits regelmäßig Klassiker zurück auf die Leinwand, darüber hinaus erfolgen vermehrt bundesweite Starts unvergesslicher Filmperlen, bevorzugt digital restauriert. Und gern in einer Schnittfassung, die man bisher gar nicht oder nur daheim erleben durfte, zuletzt geschehen mit „Apocalypse Now: Final Cut“.
Ob Einzelwerk oder serielles Format, die erzählerischen Spielarten des Kinos bleiben aufregend. Und auch wir sind Freunde von Wideraufführungen, selbst der kleinsten Textzeilen: Kino macht Spaß.
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