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Tim Lukas (links stehend) bei einem EQAL-Workshop
Foto: Bo Tackenberg

Vertrauen in die Polizei

31. Oktober 2023

Teil 2: Lokale Initiativen – Projekt EQAL erforscht das Verhältnis von Stadtgesellschaft und Polizei

Rechtsextreme Polizei-Chats, Racial Profiling und Polizeigewalt tragen nicht zum Vertrauen in die Polizei bei. Besonders unter jungen Menschen und Migranten ist das Vertrauen in die Polizei eingeschränkt, wie Befragungen zeigen. Auf der anderen Seite äußern vermehrt ältere Menschen den Wunsch nach mehr Polizeipräsenz im öffentlichen Raum. Dieser Zwiespalt verpflichte die Behörden, genau abzuwägen, welche Präsenz es brauche, sagt Tim Lukas. Er ist Soziologe am Fachgebiet Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit der Uni Wuppertal und Forschungsgruppenleiter im Projekt „Entwicklung eines quartiersbezogenen Austausch- und Lernprogramms zur Förderung des wechselseitigen Verständnisses von Polizei, Ordnungsdienst und Stadtgesellschaft (EQAL)“. Das Projekt erfolgt in engem Austausch mit der Düsseldorfer Polizei.

Fehlendes Vertrauen

Hieraus entstand für Lukas und sein Forscherteam die Idee, ein Austausch- und Lernprogramm zu etablieren, um dem teils schwindenden Vertrauen in staatliche und kommunale Behörden präventiv zu begegnen. Was kann passieren, wenn das Vertrauen in Behörden sinkt? Lukas über ein verhängnisvolles Szenario: „Demokratietheoretisch kann fehlendes Vertrauen in die Polizei massive Folgen haben, da Konflikte selbst gelöst werden und sich nicht mehr an die Polizei gewendet wird. Dafür reicht ein Blick in Frankreichs Vorstädte. Die sogenannten Banlieus zeigen, was entstehen kann, wenn Hilfe zur Selbsthilfe genutzt wird und die Polizei als Gegner wahrgenommen wird.“

Auch gebe es eine hohe Dunkelziffer von Vorfällen, die keinen Straftatbestand darstellen, aber einen Einfluss auf das Sicherheitsgefühl haben. Dazu zähle unter anderem das sogenannte „Catcalling“, also die verbale sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum. „Wenn solche Ereignisse nicht gemeldet werden, dann werden sie auch in keiner Statistik Niederschlag finden und es kann sich nichts verändern. Deshalb ist Vertrauen in die Polizei wichtig, damit bestimmte Problemlagen sichtbar werden und sich etwas verändern kann“, gibt Lukas zu bedenken.

Das Projekt EQAL klärt über polizeiliche Zuständigkeiten und Befugnisse auf und schafft Begegnungsräume. „Wir wollen mit dem Programm das Wissen bei den Menschen fördern, wozu Polizei und Ordnungsämter befugt sind und wozu nicht sowie das wechselseitige Verständnis von Ordnungsamt, Polizei und Stadtgesellschaft fördern, damit das Vertrauen wachsen kann“, so Lukas die.

Behörden verändern

Auch Behördenstrukturen seien zu verändern, fährt Lukas fort. „Wir brauchen neben kommunikativen Elementen auch eine stärkere Kontrolle der Polizei, weil es Formen der Polizeigewalt und rechtsextremistische Tendenzen innerhalb der Polizei gibt. Die Organisation muss sich verändern, weil unsere Gesellschaft sich verändert. Und wenn die Polizei ein Abbild der Gesellschaft sein will, dann muss sie auch bunter und vielfältiger werden“, so Lukas. Wichtig sei auch, die eigene Arbeit zu hinterfragen. „Besonders erfahrene Beamte unterliegen häufig Routinen und eingefleischten strukturellen Mustern. Bestimmten Räumen werden dann bestimmte Merkmale zugeschrieben. Daraus können Stigmatisierung und Diskriminierung folgen“, so Lukas. Er sieht Führungskräfte in der Verantwortung, Mitarbeiter zu einer kritischen Reflexion im Umgang mit der Zivilbevölkerung zu motivieren.


WER BEWACHT DIE WÄCHTER? - Aktiv im Thema

digitalcourage.de | Der Verein Digitalcourage setzt sich ein Informationsfreiheit und Datenschutz und diskutiert u.a. staatliche Überwachung und Vorratsdatenspeicherung.
bpb.de/kurz-knapp/taegliche-dosis-politik/522238/verfassungsschutzbericht-des-bfv | Die Bundeszentraler für politische Bildung fasst wesentliche Ergebnisse des aktuellen Verfassungsschutzberichtes zusammen.
idz-jena.de/pubdet/wsd6-5 | Das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) informiert unter dem Titel „Verdrängte Vergangenheit“ kritisch über den Umgang des Verfassungsschutzes mit rechtem Terror in den 70er und 80er Jahren.

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Christina Heimig

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