Schöne Idee. Das Museum öffnet sich, die Kunst geht nach draußen – eine Haltung, die sich vor allem seit der Durchdringung der kulturellen Praxis mit dem Alltäglichen in den 1960er-Jahren findet und sich besonders als Performance im Übergang zu theatralischer Aktivität äußert. Kunst mischt sich im öffentlichen Raum ein, inhaltlich und formal, sie zitiert gesellschaftliche Phänomene und verschmilzt mit diesen. Was für ein Widerspruch zum Titel der aktuellen Ausstellung innerhalb der Reihe „Hier und jetzt“ im Museum Ludwig! „Transcorporealities“ klingt unverständlich und spröde bis zum Abwinken. Aber die wirklich spannende Ausstellung erweitert das Thema um den menschlichen Körper selbst: als Membran zwischen Psyche und Öffentlichkeit, als vitale Kontaktaufnahme und Ausweitung der Berührungszone. Wie das gemeint ist, wird in der Ausstellung sehr schnell anschaulich. Sie findet auch „draußen“ statt, vorm Südeingang liegt ein sperriges Objekt. Vor allem nimmt sie das ansonsten „unbespielte“ Eingangsfoyer ein, reicht weiter bis zum Kassenbereich und setzt sich in der Sammlungspräsentation fort.
Im Foyer lässt sie einen engen Parcours frei. In zwei hochtechnisierte Nutzfahrzeuge sind Monitore integriert, auf raumhohe Fahnen sind fleischfarbene Mikrostrukturen projiziert. Auf dem Boden sind blaue Hügelchen aufgeschichtet. Die Schließfächer sind zu Schaukästen etwa zur Stadtgeschichte Kölns umfunktioniert. Dunkle „Prellböcke“ befinden sich unter den Info-Monitoren und als monumentaler abblätternder Block mitten im Raum. Dort ist auch eine Arena mit einer Holztribüne errichtet, auf der lebensgroße Puppen sitzen, die aus einigem Abstand wie Menschen wirken. Man kann sich dazu setzen und entdeckt dann, dass die Sitzkissen Motive der kritischen Arbeit „Der Pralinenmeister“ von Hans Haacke aus der Sammlung des Museums zeigen. Die Tribüne stammt von dem 1985 in Kolumbien geborenen, weltweit agierenden Oscar Murillo. Jeder der in dieser Ausstellung vertretenen acht Künstlerinnen und Künstler wendet sich in seinem Werk eigenen, zeitgenössischen Fragestellungen zu, oft geht es um die Leiblichkeit des Menschen, eine wichtige Referenz ist der Tanz.
Das betrifft auch den Raum des renommierten Tänzers und Choreografen Trajal Harrell im Untergeschoss. Harrell zeigt Erinnerungsstücke, die in edlen Vitrinen in plastische Form transformiert sind, und bietet sie im Rahmen von Performances innerhalb des Begleitprogramms zum Verkauf an – die Durchdringung der Sphären führt hier über den Dialog zwischen Künstler und Betrachter und alles partizipatorische Agieren hinaus zur Überführung in den privaten Bereich. Nick Mauss wiederum hat in seinem Raum einzelne Kunstwerke aus der Sammlung des Museum Ludwig ausgewählt, darunter Objekte von George Brecht und Inge Schmidt, gesehen noch in den Blickachsen seiner eigenen verspiegelten Hinterglasmalereien, die das Arrangement zur szenografischen Installation zusammenschließen. Am besten aber ist die Ausstellung dort, wo sie schon als Display gegen das „Eingespielte“ opponiert: indem sie dem tristen, ursprünglich sowieso ganz anders genutzten Foyer einen weitergehenden Sinn gibt.
Transcorporealities | bis 19.1. | Museum Ludwig | 0221 22 12 61 65
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