Im September feiert die Kölner Philharmonie mit fünf Konzerten ihr 25-jähriges Jubiläum. Für das Eröffnungskonzert erhielt das ehemals rheinländische Elektronik-Duo Mouse on Mars einen Kompositionsauftrag. choices sprach mit den beiden Musikern über die ungewöhnliche Arbeit an dem Stück „Paeanumnion“.
choices: Es ist sicher ungewöhnlich für Sie, einen solchen Kompositionsauftrag zu bekommen. Wie hat sich das Projekt ergeben?
Jan St. Werner (JST): Die Idee hatten wir schon lange. Über die Freundschaft mit dem Dirigenten André de Ridder kam dann die Konkretisierung – mit welchem Ensemble und in welcher Institution man das umsetzen könnte. Es gibt ja ein paar Orte, die Genrefragen gegenüber offener sind. Irgendwann war dann die Philharmonie im Gespräch, weil die ihr 25-jähriges Jubiläum haben und wir ja schon noch Köln in uns tragen. Es hat sich dann sehr organisch ergeben, dass wir zum Jubiläum den Eröffnungsabend machen. Danach kam die Annäherung an die musikFabrik, die ja auch aus Köln ist.
Da tut sich auf verschiedenen Ebenen ein Spannungsfeld auf: elektronisch produzierte Sounds – herkömmliche Instrumente; einsames Frickeln im Studio – Zusammenarbeit mit vielen Musikern. Was reizt Sie daran?
Andy Thoma (AT): Man muss den Klang ganz anders angehen. Bei uns gab es den Frustrationsmoment, als wir einen festen Klang hatten, der sehr lebendig war, mit interessanten Frequenzen. Wenn man den als Vorlage zum Nachspielen nimmt, wird das langweiliger als der künstlich erzeugte Klang. Wir haben das dann mehrfach zwischen uns und den Musikern hin und her kopiert, bis es wieder spannend wurde. Wir wollen, dass der Sound aus dem Orchester kommt und schauen, was dort an Klängen möglich ist – auch speziell in der Livesituation. Vom Orchester erwarten wir, dass die zuhören und auf die neuen Sachen eingehen. Dafür ist die musikFabrik toll. Sonst ist ja eher alles vornotiert im Orchester.
Entsteht bei den Proben noch Neues?
AT: Wir haben leider sehr wenig Zeit für die Proben. Aber jetzt haben wir noch ein Paar mit kleineren Gruppen, da können wir bestimmte Aspekte mit den Musikern ausarbeiten – das macht viel Spaß.
JST: Das ist eine Mischung aus der Strenge einer klaren Partitur und Teilen, in denen wir noch aufeinander zugehen können. Das ist ein Luxus, der einen auch noch mal woanders hinführen kann.
Kann man sich die Musiker wie Studiomusiker in der Popmusik vorstellen?
JST: Studiomusiker wollen möglichst viel machen. Die Musiker der musikFabrik müssen hingegen niemandem mehr was beweisen. Die sind anspruchsvoll, die muss man überzeugen. Es ist für uns ein Erfolg, wenn denen das gefällt – das ist die halbe Miete. Klar ist das Adrenalin am Tag der Aufführung da, aber eigentlich musst Du mit deinem Ensemble so klar kommen, dass die eine gute Zeit haben. Dann ist das auch für alle anderen OK. Wenn Du dein Ensemble durchpeitscht und dein Orchester spielt nur vom Blatt, dann ist das eine Tortur und das Publikum ist Zeuge einer technischen Aufführung, aber hat nicht diese Beteiligung, die wir anstreben.
Mouse on Mars-Musik rockt ja ziemlich – kann man das in die Philharmonie tragen?
JST: Ein Orchester ist rhythmisch nicht so präzise. Du musst mit denen einen anderen Sound machen. Klischee gegen Fehler, leichte Verzögerung hier – das klappt alles nicht mehr. Viel besser funktionieren die Sachen, wenn Du Sound schichtest und eine Dichte im Klang herstellst. Wir versuchen deshalb, das Orchester möglichst viel spielen zu lassen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Noise, Rap und Migration
Zwischen Bühne und Buchdeckel – Unterhaltungsmusik 11/24
Psychedelische Universen
Mother‘s Cake im Helios 37 – Musik 10/24
Endlich Wochenende
13. Week-End Fest im Stadtgarten – Musik 10/24
Aggressive Dringlichkeit
Internationale Acts von Rock über Hip Hop bis Avantgarde – Unterhaltungsmusik 10/24
Eine Party für die Traurigen
Romie in der Maulvoll Weinbar – Musik 09/24
Heftiger Herbstauftakt
Nach Open Air wieder volles Programm in Clubs und Hallen – Unterhaltungsmusik 09/24
Kein Bock auf Sitzkonzert
Mdou Moctar im Gebäude 9 – Musik 08/24
Sommerloch? Nicht ganz ...
Volle Packung Drum‘n‘Bass, Indie, Tuareg-Blues und Black Metal – Unterhaltungsmusik 08/24
Die Ruhe im Chaos
Emma Ruth Rundle in Köln und Bochum – Musik 07/24
Vielfalt, Frieden und Respekt
3. Ausgabe von Shalom-Musik.Koeln – Musik 07/24
Fette Beats im Wohngebiet
Green Juice Festival 2024 in Bonn – Musik 07/24
Helldunkler Sommer
Fröhlich und finster lockt die Festivalzeit – Unterhaltungsmusik 07/24
Wie im Moment entstanden
Waxahatchee im Gebäude 9 – Musik 06/24
Und der Tag wird gut
Suzan Köcher‘s Suprafon beim Bonner Museumsmeilenfest – Musik 06/24
Folklore-Crossover
Wundersame Mischungen im Konzert – Unterhaltungsmusik 06/24
Sehnsucht nach Nähe
Nichtseattle im Bumann & Sohn – Musik 05/24
Gesang mit Starqualität
Aka Kelzz im Yuca auf der Kölner c/o Pop – Musik 05/24
An der Front: Sängerinnen
Post Punk neu arrangiert und interpretiert – Unterhaltungsmusik 05/24
„Der Jazz wird politischer und diverser“
Jurymitglied Sophie Emilie Beha über den Deutschen Jazzpreis 2024 – Interview 04/24
Überbordende Energie
Dead Poet Society live im Luxor – Musik 04/24
Kleinteilige Tonalität
Das Festival „Acht Brücken“ erforscht die Zwischentöne – Festival 04/24
In alter Blüte
Internationales Line-up beim Kunst!Rasen Bonn 2024 – Festival 04/24
Geschichtsträchtige Konzerte
Wandelbare Ikonen und perfekte Coverbands – Unterhaltungsmusik 04/24
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Von Polen bis zu den Kapverden
Over the Border-Festival in Bonn – Musik 03/24