Sie sind schlecht drauf, weil die Jecken um sie herum karnevalistischen Frohsinn verbreiten? Fachleute nennen das disruptive Launenfehlregulationsstörung. Dabei kann Ihnen geholfen werden. Zum Beispiel mit dem Erwerb einer Eintrittskarte für eines der einschlägigen Kleinkunst-Theater, wo Menschen zu begutachten sind, die mit hinterhältiger Intelligenz gesegnet sind. Oder mit der Fähigkeit, andere mit ihrer aufsehenerregenden Präsenz, Musikalität und „Witzischkeit“ aufzuheitern und Sie von Täterätätää-Ohrwürmern abzulenken. Zum Beispiel die Stunksitzer im Kölner E-Werk, die davor warnen, überteuerte Karten bei dubiosen Zwischenhändlern zu kaufen. Stattdessen kann man es über die Homepage (wo im Übrigen auch die Auftrittsdaten und -Zeiten zu finden sind) der Seite mit Last-Minute-Tickets probieren, so es bei den „normalen“ VVK-Stellen keine mehr gibt.
Nicht die geringsten Probleme wird es da beim Besuch der „Königin im Egoland“ geben. Ebensolche Köpfe braucht das Land: Lioba Albus weiß, wie man die auf einen Schuldenberg aufgelaufene Costa Alemannia wieder fahrtüchtig macht. Mit an Bord: die sauerländische Quasselstrippe Mia Mittelkötter, ihres Zeichens Hausfrau mit legendärer Einkaufstasche und unverzichtbarer Perlenkette. Die 1958 geborene Kabarettistin, die seit 1991 das Zepter weiblichen Emanzipationsstrebens schwingt und deren spielerische Wurzeln in vielfach wiederholten Ausformung der schwierigen Charakterrolle von Schneeweißchen zu finden sind, wird am 22. Februar in der Comedia einmal mehr beweisen, dass ihr Redefluss garantiert nicht versiegt – und zu unbotmäßigen Lachanfällen seitens des Publikums führt.
Garantiert keine Anklänge an jecke Töne werden in Sebastian Krämers neuem Programm „Tüpfelhyänen – Eine Entmachtung des Üblichen“ zu hören sein. Der aus Berlin kommende Musikkabarettist gehört zu den ganz großen seines Fachs, ein eigenwilliger Vertreter der Kunst, lyrische Entäußerungen mit perfider Schärfe unter die Leute zu bringen. Sein kantisch-kapitalistisches Credo: „Handle stets so, daß du zugleich gutheißen könntest, für die selbe Tätigkeit nicht entlohnt zu werden, sondern im selben Umfang zahlen zu müssen, um sie ausführen zu dürfen.“ Anders gesagt: er würde auch von Flohmärkten im Regen und Schnee in 3D auf dem Dach eines Kinos singen, wenn niemand sich für seine Auftritte interessierte. Dem ist aber nicht so. Wenn der mit einer Aura von geradezu altmodischer Gepflegtheit gesegnete Künstler am 22. im Theater 509 des Bürgerhauses Stollwerck gastiert, werden sich genügend Menschen einfinden, um gegen einen entsprechenden Obolus einen Abend zu erleben, der die Phantasie noch lange nach dessen Ende anregt.
Am 21., also einen Tag zuvor, ist der aus dem Ruhrgebiet kommende Kollege Matthias Reuter auf derselben Bühne zu erleben. Titel des Solos: „Die Menschen sind 'ne Krisenherde“. Darin geht es um Menschen in Gruppen. „Denn wenn mehr als zwei Menschen zusammen auftauchen, dann wird´s interessant: dann werden Möbelmärkte gegründet und Regierungen gestürzt, Ehen geschlossen und Muttertage gefeiert. Dann wird public geviewt und geheim gedienstet, bundesgetagt und pflege-WG-t, ins Becken gemacht und in der Wirtschaft bestochen“, so Reuters Erläuterungen zu seinen Beobachtungen rund um den Homo sapiens, der sich immer gerne und ausgiebig bemerkbar macht, sobald mehr als zwei seiner Spezies zusammen hocken.
Um diese These zu verifizieren, muss man nicht an die Costa Brava oder an die türkische Riviera fahren – ein Besuch in der Eckkneipe genügt. Wobei: seit hier nicht mehr geraucht werden darf, stehen Stammtische auf der Liste der aussterbenden Versammlungen. Bleibt abzuwarten, wodurch diese ersetzt werden. Es wird gemunkelt, dass die Strickliesel die Herrschaft übernehmen wird, um hässliche Stadtbilder mittels urban knitting zu verschönern. Es bleibt spannend, meint mit vielen Grüßen die Ihnen stets ergebene
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