Man hat das Gefühl, die Fuck Buttons stehen über den Dingen. Zumindest klingt ihre Musik himmlisch. Zwar ist ihr drittes Album „Slow Focus“ durch die rhythmischen Elemente irgendwie geerdet, doch die Noisewände werden auch hier wieder zu riesigen Berglandschaften aufgetürmt. Ist man in einem der zehnminütigen Stücke hochgeklettert, scheint man auf die Welt herabblicken zu können. Und plötzlich durchfährt einen durch all die nebeligen Lärmwände hindurch ein quasireligiöser Schauer. Zu sakral, zu prätentiös? Als säkulares Gegengift einfach zehnmal nacheinander den Bandnamen murmeln (3.10., 21 Uhr, Club Bahnhof Ehrenfeld). Sean Nicholas Savage ist einer der zahlreichen Musiker der Gegenwart, die aus einer anderen Dekade zu uns zu kommen scheinen. Bei ihm kann man aber im Gegensatz zu Kollegen wie John Maus (80er Jahre) oder Ariel Pink (70er Jahre) nicht genau sagen, woher er nun kommt. Seine dünne Stimme schlängelt sich durch gewagt fragile Songs, und trotzdem ist man fasziniert von diesem mal unpopigen Pop und mal fast hymnenhaften Songs (5.10., 21 Uhr, Ging Georg).
Wire haben Ende der 70er Jahre eine unglaubliche Entwicklung im Zeitraffer durchgemacht: von der Punkband über ultrakühlen New Wave zu improvisierten Klangexperimenten. Das hat die Band schließlich zerrissen. Wire sind danach immer mal wieder zusammengekommen und seit 2006 auch wieder kontinuierlich als Band unterwegs. Ihr aktuelles Album „Change becomes us“ klingt überraschend stark nach den alten Wire der späten 70er Jahre. Was kaum verwundern sollte, weil sie altes, bislang nicht verwendetes Material als Ausgangsbasis verwendet haben. Das ist nicht die schlechteste Art, sein Erbe zu verwalten. Live sind sie sowieso immer toll – auch heute noch (6.10., 21 Uhr, Luxor). Oy alias Joy Frempong ist eine schweizerisch-ghanaische Sängerin und Multiinstrumentalistin, die afrikanische Einflüsse, Electronica und noch so einiges anderes in ihre Musik einbringt. Weltmusik möchte sie ihren Sound aber sicher nicht geschimpft wissen. Vergleichbar ist ihre Fantasie-Melange vielleicht am ehesten – nicht nur wegen der Stimme – mit der Kölner Musikerin Niobe (8.10., 20.30 Uhr, Studio 672).
Nachdem der Post-Dubstepper James Blake schon im Mai beim Electronic Beats-Festival im E-Werk gespielt hat, kommt er nochmal in die Stadt, und wieder ins E-Werk. Schwer vorstellbar, wie diese zarte Musik der Leerstellen in einer großen Halle funktioniert, aber der charmante Junge wird sich schon etwas einfallen lassen. Live bringt er seine Musik als Trio auf die Bühne (10.10., 20 Uhr, E-Werk). New Sounds of Iran ist ein kleines Festival, das mit acht Konzerten und drei Musikfilmen junge iranische Musik repräsentieren möchte. Die ist nicht nur traditionell, sondern durchaus auch an westlichem Pop orientiert. Letzteres kann im Land selbst nur im Geheimen gedeihen, während andernorts auf der Welt viele Exil-Iraner versuchen, ihre musikalischen Wurzeln im Iran wiederzuentdecken (11.-13-10., Stadtgarten und Philharmonie; Filme im Filmforum NRW). Das Kölner Duo Dus.ti kombiniert Electronics mit Trompete und Schlagzeug und erzeugt dabei sowohl Flow als auch einiges an Reibung. Danach spielt das neue Duo des Kölner Komponisten Marcus Schmickler und des Can-Schlagzeugers Jaki Liebezeit, das mit großer Spannung erwartet werden darf (17.10., 20.30 Uhr, Stadtgarten).
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