Musik kennt das Problem nicht, die bildende Kunst in der Regel auch nicht und bei Theater und Buch herrscht relative Klarheit, wie man damit umzugehen hat. Nur beim Film ist das Thema Übersetzung etwas komplizierter. Ist ein eingedeutschter Beatles- oder Bowie-Song eher kurios, so ist die Synchronisation von Filmen der Standard. Klar, wer kann, genießt die Originalfassung, das gilt auch fürs Lesen. Beim Film gibt es aber nicht nur Original und Übersetzung, also die Synchronfassung, sondern noch einen Mittelweg – gerne mit der ominösen Abkürzung OmU – Original mit Untertiteln – bezeichnet. Die OmU vermittelt zwischen einem Konflikt: Einerseits möchte man alles verstehen, andererseits gerne möglichst nah am Werk sein. Einst bei Verleihern verschrien, weil das Publikum damit angeblich überfordert wird, laufen vor allem in Arthaus-Kinos immer öfter und regelmäßig OmU-Fassungen, die eine Gefahr minimieren: Eine gute Synchronisation ist was Feines, eine schlechte kann einen ganzen Film zerstören.
Gilt das auch für Filmtitel? Denn auch die werden meist übersetzt, weil ein möglichst großes Publikum angesprochen werden soll. Einen Titel wie „Swimming with Men“ versteht jeder. Und vor allem Superhelden- und Horror-Nerds traut man zu, mit dem englischen Originaltitel klar zu kommen. Oder man mischt ein wenig, wie bei „Hereditary – Das Vermächtnis“, auch wenn hereditary eigentlich erblich heißt und das dem Film auch näher kommt. Aber Vermächtnis klingt besser, oder? Tatsächlich kommt ein deutscher Verleihtitel mitunter auch als kleiner Sprachkurs daher wie bei „Meine Tochter – Mia figlia“. Wobei man nicht glauben sollte, dass englische Titel immer die Originaltitel sind. Das Feuerwehrdrama „No way out – Gegen die Flammen“ heißt im Original keinesfalls „No way out“ sondern „Only the Brave“, und in diesem Monat wird „Tag“ zu „Catch me!“, und der Film „Charming“ zu „Prinz Charming“
Mischformen – also so eine Art Titel mit deutschem Untertitel – gibt es in diesem Monat auch: Aus Gus van Sants „Don‘t worry, he won‘t get far on foot“ wird zu „Don‘t worry, weglaufen geht nicht“. Und aus „Destination Wedding“ wird „Destination Hochzeit“, weil: Destination kennt man ja, aber wer weiß hierzulande schon, dass Wedding nicht nur ein Berliner Stadtteil ist? Auch wer sich schon mal gefragt hat, warum französische Komödien zur Hälfte ein Monsieur, Madame oder Mademoiselle im Titel haben, muss die Antwort beim deutschen Verleiher suchen, der sich das aus Marketinggründen für das frankophile Publikum ausgedacht hat. Einen ähnlichen Impuls muss die Übersetzer von „Mission Pays basque“ geritten haben, die nicht Mission Baskenland als deutschen Titel auserkoren haben, sondern „Die Pariserin – Auftrag Baskenland“. Die Pariserin… so wie „The Berlin Girl – Lola runs“? Schließlich gibt es noch die Wortspiel-Abteilung. Die macht aus „Duck Duck Goose“ „Gans im Glück“, und für die irische Culture Clash-Komödie „Halal Daddy“ hat sie Überstunden gemacht: der heißt hierzulande „Halaleluja – Iren sind menschlich!“
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