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Kuscheln in ihren Texten eher selten: Schnipo Schranke
Foto: Jenny Schäfer

Noise- und Nebelschichten

24. September 2015

Wie junge Musikerinnen die Popmusik zerfleddern – Unterhaltungsmusik 10/15

A-Musik, das Kölner Wohnzimmer aller Freunde experimenteller Musik, ist neben Plattenladen auch Mailorder und Label. Gewachsen ist das Ganze Mitte der 90er Jahre aus einem sehr umtriebigen musikalischen Freundeskreis. Daher bereitet es den Betreibern überhaupt keine Probleme, zum 20-Jährigen einige exquisite Gäste aufzufahren. Live wird das Jubiläum mit den Wait Watchers, Marcus Schmickler & Hayden Chisholm, Schlammpeitziger, Felix Kubin und Mouse on Mars bestritten. Dazu gesellen sich einige lokale bis internationale DJs, die die Geburtstagsfeier für Freunde des gepflegten musikalischen Ausfallschritts zu einer runden Sache machen (3.10., 20 Uhr, Gebäude 9).

Die Reihe „Sounds wrong, feels right“ beschert uns in diesem Monat mit Micachu and the Shapes eine Perle des Avant-Pop. Die 28-jährige Britin Mica Levi alias Micachu hat Musik studiert und schon mit 20 Jahren ein Stück für das London Philharmonic Orchestra komponiert, der prämierte Soundtrack zu Jonathan Glazers Science Fiction „Under My Skin“ mit Scarlett Johansson kommt ebenfalls von ihr. Auch als DJ ist sie sehr umtriebig. Mit ihrem von Björk bis Matthew Herbert protegierten Trio Micachu and the Shapes macht sie zerfledderten Pop zwischen Captain Beefheart und den Dirty Projectors. Als zweite Band spielen die japanischen Group A, die experimentelle Elektronik mit Performance-Kunst verbinden und an allerlei Avantgardeproduktionen von den 60ern bis in die 80er erinnern (5.10., 20.30 Uhr, Stadtgarten). Allen, die es nicht zum ausverkauften Konzert von Major Lazer schaffen, seien die zurzeit sehr angesagten Young Fathers ans Herz gelegt, die am selben Abend spielen. Für ihr zweites Album „White Men Are Black Men Too“ haben sie personell und soundtechnisch aufgerüstet.

Aggressiver und komplexer klingen die Stücke des neuen Albums der Mercury-Preis-Gewinner von 2014. Percussion, Electronics und der mehrstimmige Gesang verbreiten eine nervöse Grundstimmung (7.10., 20.30 Uhr, Gebäude 9). Nervös ist auch das passende Schlagwort für die Jon Spencer Blues Explosion: Seit 25 Jahren schreddern Jon Spencer, Judah Bauer und Russell Simins Blues, Rock‘n‘Roll und Soul mit ihrem kantigen Style. Explosion ist auch der passende Begriff, um ihre energetischen Live-Shows zu charakterisieren (8.10., 20.30 Uhr, Gebäude 9).

Im letzten Jahr ist das Duo Schnipo Schranke mit ihrem Indie-Hit „Pisse“ steil gegangen, im September erschien nun endlich ihr Debütalbum „Satt“ mit Keyboard-Blockflöten-Rumpelschlagzeug-Chanson-Hip-Hop und den berüchtigten Beziehungshölle-Texten, die mit Ekelelementen nicht geizen. Da sie trotz all dem Trara und Feuilleton- bis Tagesthemen-Berichten im kleinen Club spielen, sollte man sich schnell Karten besorgen (22.10., 21 Uhr, King Georg).

Die US Girls kommen zwar aus den USA, sind eigentlich aber nur ein Girl: Meghan Remy, die bereits mit Slim Twig kollaborierte, macht verzerrten Pop, unter dessen Rausch-, Noise- und Nebelschichten klassische, 60s-beeinflusste Melodien schimmern. Zwar hat sie in einem Interview einmal gesagt, dass die noisige Lo-Fi-Äshtetik ihrer Musik nur dem Lo Budget ihrer Musik entspricht und sie eigentlich viel lieber ein klares, gut produziertes Album machen würde. Aber wir hoffen mal, dass das nur Koketterie ist. Warum auch sollte man in Zeiten günstigen Digitalrecordings unfreiwillig dermaßen schön verstört und verstörend klingen (30.10., 21 Uhr, King Georg).

Christian Meyer

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