Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
23 24 25 26 27 28 29
30 31 1 2 3 4 5

12.582 Beiträge zu
3.812 Filmen im Forum

Lydia, Anette und Bärbel (v.l.) warnen vor rechtem Denken in der Gesellschaftsmitte
Foto: Leo Thomann

Mit Oma auf die Straße

28. November 2023

Teil 3: Lokale Initiativen – Die Bochumer Ortsgruppe der Omas gegen Rechts

„Alt sein heißt nicht stumm sein“. So lautet das Motto der Omas gegen Rechts. Die zivilgesellschaftliche, parteipolitisch unabhängige Initiative setzt sich für eine freie demokratische Gesellschaft. Eine der aktivsten Ortsgruppen findet man in Bochum. Dazu gehören auch Anette, Lydia und Bärbel. In einem Artikel hatte Lydia über die Hamburger Ortsgruppe der Omas gelesen. „Nie wieder Krieg“, „nie wieder in einem totalitären Staat leben“ – diese Lehre habe sie seit ihrer Kindheit verinnerlicht. Auch der erstmalige Einzug der AfD in den Bundestag 2017 habe die Bochumerinnen dazu bewegt, ein Signal gegen Rechts zu setzen.

Vorteile als Omas

In Deutschland gründete sich Omas gegen Rechts 2018, inspiriert von der österreichischen Initiative. Die Bochumer Ortsgruppe folgte am 27. Januar 2019, dem Holocaust-Gedenktag. Bei der Gründung waren es noch 14 Bochumer Omas, mittlerweile sind es etwa 180. Sie tauschen sich vor allem per E-Mail und die sozialen Medien aus. Einmal im Monat gibt es ein gemeinsames Treffen. Wer dazustoßen möchte, sollte sich vorher mit einer E-Mail melden.

Das Auftreten als Omas bereitet der Gruppe einige Vorteile. Sehr freundlich seien die Menschen ihnen gegenüber. „In Bochum haben wir praktisch noch nie Gegenwind bekommen“, so Lydia. Das ginge manchen Ortsgruppen in Ostdeutschland ganz anders. Auf der Straße versucht die Initiative, aktiv mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Zuletzt wurde mit einer Mahnwache in der Bochumer Innenstadt gegen den steigenden Zuspruch für die AfD demonstriert. Auf einem symbolischen Brandmauer-Plakat wurden Gründe gesammelt, warum es keine Zusammenarbeit geben dürfe. Erschreckend sei, wie weit in die Mitte der Gesellschaft rechtes Gedankengut gerückt sei, vor allem gegenüber migrantischen Mitbürgern. „Wir versuchen, kleine Pflänzchen des Zweifels zu pflanzen“, so Lydia.

Auch Opas willkommen

Neben Demonstrationen und Aktionen auf der Straße ist die Erinnerungskultur ein wichtiges Thema der Arbeit. „Meine Eltern haben alles totgeschwiegen“, so Anette. Das wolle man sich selbst nicht vorwerfen lassen müssen. So wurden bereits Stolpersteine verlegt. 2026 soll in Zusammenarbeit mit dem LWL Krankenhaus Bochum eine Stolperschwelle folgen, die an die Euthanasie-Opfer während der NS-Diktatur erinnert. In einer Theatergruppe erproben einige der Omas Stücke, die sich mit verschiedenen Facetten der eigenen Arbeit auseinandersetzen, beispielsweise Alltagsrassismus. Im Frühling des nächsten Jahres soll in der Bochumer KoFabrik ein kleines Festival stattfinden, bei dem ein neues Stück präsentiert wird.

Zwischen den vielen Krisen und Konflikten sei es auch die „Komplexität des Weltgeschehens“, die einfache Lösungen besonders attraktiv mache. Von Frieden über Inflation und Energiekrise bis zur sozialen Sicherheit – „da geraten alte Gewissheiten geraten ins Wanken“, sagt Bärbel. „Deswegen wählt man aber nicht eine in weiten Teilen faschistische AfD“, so Lydia. Ohnehin sei diese Partei im Kern neoliberal und unsozial.

Grundsätzlich geht es den Omas gegen Rechts um jegliche demokratiegefährdende und autoritäre Tendenzen, nur komme die AfD eben oft zur Sprache. Eine Oma muss man nicht sein, um sich zu engagieren – und auch Opas heißt die Gruppe willkommen. Wichtig sei vielmehr die gemeinsame Haltung. Und sowieso, sagt Bärbel, „wahre Oma ist man im Herzen“.


GEBEN UND NEHMEN - Aktiv im Thema

schoepflin-stiftung.de | Die Stiftung fördert ziviles Engagement in Bildung, Wirtschaft, Medien und Migration „als Ergänzung und Gegengewicht zu öffentlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren“.
solidarische-moderne.de/de/article/364.alternativen-fuer-eine-gerechte-und-solidarische-europaeische-wirtschafts-und-finanzpolitik.html | Positionspapier des Institut Solidarische Moderne für eine solidarische Wirtschafts- und Finanzpolitik.
imzuwi.org | Das Impulszentrum Zukunftsfähiges Wirtschaften betreibt „Wirtschaftsmöglichkeits-Forschung mit kritischem Blick auf herrschende Ideen und Interessen“.

Fragen der Zeit: Wie wollen wir leben?
Schreiben Sie uns unter meinung@choices.de

Leo Thomann

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Weihnachtswunder
Intro – Geben und nehmen

Es ist nicht die Natur, Dummkopf!
Teil 1: Leitartikel – Es ist pure Ideologie, unsere Wirtschafts- und Sozialordnung als etwas Natürliches auszugeben

„Gier ist eine Systemeigenschaft im Finanzsektor“
Teil 1: Interview – Soziologe Sighard Neckel über Maßlosigkeit im Kapitalismus

Menschenrechte vor Dividenden
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre in Köln

Wo komm ich her, wo will ich hin?
Teil 2: Leitartikel – Der Mensch zwischen Prägung und Selbstreifung

„Die Klimakrise rational zu begreifen reicht nicht“
Teil 2: Interview – Neurowissenschaftler Joachim Bauer über unser Verhältnis zur Natur

Etwas zurückgeben
Teil 2: Lokale Initiativen – Wuppertals Zentrum für gute Taten e.V.

Man gönnt anderen ja sonst nichts
Teil 3: Leitartikel – Zur Weihnachtszeit treten die Widersprüche unseres Wohlstands offen zutage

„Dieses falsche Gesellschaftsbild korrigieren“
Teil 3: Interview – Philosoph Jan Skudlarek über Freiheit und Gemeinwohl

Konzern in Arbeiterhand
Die Industriegenossenschaft Mondragón – Europa-Vorbild: Spanien

Neidischheit und Geiz und Reichheit
Die Reichen sind geizig und die Armen neidisch. Klare Sache? – Glosse

Lokale Initiativen

HINWEIS