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Georg und Ruth zum Kley
Foto: KKT

Der Atem der Realität

03. September 2019

Das Kölner Künstler Theater in Ehrenfeld – Kulturporträt 09/19

Mit dem Ensemble ging es in den Wald, denn nur dort kann man sehen, was es heißt, eine Baumkrone zu besetzen. Den Atem der Realität soll das Publikum spüren, wenn es sich im Kölner Künstler Theater (KKT) eine Produktion anschaut. So recherchierten Ruth und Georg zum Kley für ihr Stück „Tribute von Burgina“ im Hambacher Forst. Etliche Schulklassen haben die Inszenierung seither gesehen, dessen Wirkung einen Lehrer zu der Erkenntnis verleitete, dass dieser Theaterbesuch seinen Schülern mehr Nachhaltigkeit beschert haben dürfte, als es jede Unterrichtsstunde zum Thema Klimawandel vermocht hätte.

Die Forschung am sozialen Ort gehört im KKT stets zur Theaterarbeit, so war es in der Produktion „Untermenschen“, die im Milieu der Rechtsradikalen spielt, ebenso wie bei „Unterfremden“, die das Flüchtlingsthema aufgreift oder bei „Theatology“, der Produktion, die die Welt der religiösen Sekten erkundet und für die das KKT mit dem Kölner Theaterpreis ausgezeichnet wurde. „Auf diese Weise bekommt man die Geschichten schon mit der Beobachtung geliefert“, erklärt Georg zum Kley und fügt hinzu, „die Art und Weise, wie sich Menschen bewegen, welche Pausen jemand beim Erzählen macht, das alles sind aufschlussreiche Details. Die Schauspieler sehen ihre Rolle dann schon im Leben vor sich.“

In Köln ist das seit 30 Jahren existierende Theater eine feste Größe. 1995 wurde die fahrende Truppe mit einem festen Haus in der Stammstraße in Ehrenfeld sesshaft. Georg zum Kley schrieb viele großartige Stücke für Kinder und Jugendliche selbst. Vor sechs Jahren erfüllte sich dann für die zum Kleys der Traum eines jeden Theatermachers, das KKT zog im Grünen Weg in ein nagelneues Theater mit gut 180 Plätzen, das nach eigenen Vorstellungen konzipiert werden konnte. Ein Café gehört dazu, in dem die Kita-Kinder morgens vor der Vorstellung frühstücken können und abends, wenn die Produktionen für Jugendliche und Erwachsene laufen, ist das Theatercafé auf andere Weise ein Ort für Geselligkeit und Diskussionen. Georg zum Kley erlebt, wie der Theaterbesuch junge Menschen berührt und verändert. So vergisst er nicht zu erwähnen, dass es im KKT keine Schmierereien von Teenies auf den Toiletten gibt und keine Beschwerden aus der Nachbarschaft, wenn die Jugendlichen nach dem Theaterbesuch noch vor dem Haus über das Gesehene debattieren.

Den Charakter des KKT prägte seit jeher sein besonderes Verhältnis zum Publikum. Hier wurde nie für Gremien und die Gnade städtischer Theaterförderung produziert, wie es bei so mancher Gruppe der freien Szene zu beobachten ist. Selbst in diesem heißen Sommer lag die Auslastung bei über 80 Prozent. Fast jedes Stück wird über Jahre im Repertoire mitgeführt, weil man Stammpublikum besitzt. Das Kinderstück „Maigers Wirsing“ erlebt jetzt im September seine Derniere im 21 Jahr. Man tourt aber auch fleißig durch Deutschland. Es geht nach Hessen, Niedersachsen oder entlang des Niederrheins und in Frankreich ist das KKT ebenfalls eine gern gesehene Theaterfamilie. Diese Kontinuität im Verhältnis zu Schulen und Veranstaltern sicherte dem KKT eine solide Existenz. „Die Auftragslage ist gut“, sagt Ruth zum Kley, wenn man auch nicht wissen will, wie hart daran über die Jahre gearbeitet werden musste.

Das Ehepaar sieht, dass das Interesse junger Menschen am Theater zunimmt. Themen werden begierig aufgegriffen und die Gespräche der Jugendlichen in der Nachbereitung der Vorstellungen fallen lebendiger aus als noch vor einigen Jahren. Woran liegt das? Ruth zum Kley ist nicht um eine Antwort verlegen, wenn sie sagt: „Theater hat immer einen Inhalt im Gegensatz zur Information.“ Und dabei ist das Theater oftmals schneller im Aufgreifen gesellschaftlicher Konflikte als die digitalen Medien, weil es sie erspürt, bevor sie die Schlagzeilen erobern. Für Ruth zum Kley besteht der Trumpf des Theaters in seinen emotionalen Komponenten: „Man kann Verhaltensweisen betrachten und lernt mit kritischem Blick zwischen Personen und Rollen zu unterscheiden.“

Thomas Linden

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