Man könnte es schlicht Sommerflaute nennen, aber in Köln ist es die Ruhe nach dem Sturm. Denn Ende Juni tobte in der Stadt die c/o-pop. Da gab es mit dem Konzert der deutschen New Wave-Legende Palais Schaumburg oder der jungen Österreicherin Soap & Skin in der Philharmonie einige Highlights zu erleben. Eine kleine Verschnaufpause schadet jetzt nicht. Aber auch wenn der Konzertkalender sichtlich ausgedünnt ist, Programm gibt es im Juli natürlich trotzdem, und der Schongang ist das auch nicht unbedingt. Es geht gleich lärmig los: Die einflussreiche Noise Rock-Band Unsane hat Anfang der 90er Jahre an der Ostküste mit ihrem schmirgelnden Bulldozer-Sound der Grunge-Szene im Westen Brachiales entgegengesetzt. Ende der 90er Jahre wurde es stiller um sie – jetzt ist das Trio wieder da. Als Vorband spielen Big Business (2.7., 21 Uhr, MTC). Den Abschluss der King Ludwig-Reihe, die mit Konzerten von Stephen Malkmus und Peaking Lights auf dem Dach des Museum Ludwig im Juni auch einen markanten Punkt setzen konnte, bestreitet Julia Holter.Ihre von Hall durchsetzte Musik atmet sowohl klanglich als auch strukturell größtmögliche Freiheit, ohne den Popkontext zu verlassen. Spannend und betörend ist das (3.7., 19 Uhr, Museum Ludwig/Dach).
Die Aktivitäten von Sonic Youth liegen bis auf weiteres auf Eis, die Zukunft der Band ist ungewiss nach der Trennung von Kim Gordon und Thurston Moore. Das Unglück hat jedoch die Soloaktivitäten der Bandmitglieder katalysiert. Thurston Moore war mit seinem aktuellen Soloalbum bereits im Dezember beim Weekend Fest in Köln, nun kommt Lee Ranaldo, um sein diesjähriges Album „Between the Times and the Tides“ live zu präsentieren. Als Vorband spielen die Disappears vom Label Kranky (4.7., 20 Uhr, Gebäude 9). Die fröhliche Neo-Hippie-Kommune Edward Sharpe and the Magnetic Zeros sind Teil einer neuen Folkbewegung um Bands wie Mumford & Sons, die im Gegensatz zum Freak Folk deutlich mainstreamiger ausgerichtet ist. Erkennungszeichen dieser mindestens zehnköpfigen Truppe, die Alex Ebert um sich versammelt hat, sind die luftig-fröhlichen Mitsing-Songs: love, peace and unity (7.7., 20 Uhr, Kantine). Der Kalifornier Mikal Cronin gibt sich dem Psychedelic-Pop der 60er Jahre hin. Sein Retrosound ist allerdings nicht auf Echtheitszertifikate aus. Beach Boys klingen ebenso an wie 80er Jahre-Gitarrenpop oder Garagenrock (8.7., 20 Uhr, King Georg).
Santigoldist vielleicht die poppigere Schwester von M.I.A. Nicht nur ihr äußerlicher Style ist ähnlich, auch ihr tribalistischer Pop zeigt Verwandtschaft, die Radikalität von M.I.A. geht Santigold allerdings ab. Ihre für einen Vodafone-Clip verwendete Single „Disparate Youth“ ändert das sicher nicht. Power hat sie aber ebenso wie ihre große Schwester (11.7., 19 Uhr, Live Music Hall). Kimya Dawson war einst zusammen mit Adam Green das Duo Moldy Peaches. Während Green zunächst als Crooner berühmt geworden ist und nun den Lou Reed gibt, ist Dawson dem Anti-Folk der frühen Tage relativ treu geblieben. Für ihre schönen, brüchig gesungenen Songs begleitet sie sich immer noch selbst auf der Gitarre (12.7., 20 Uhr, Luxor). Der australische Human Beat Boxer Dub FX ist jahrelang durch die Straßen gezogen und hat dort seine Beat-Loops live vor Publikum aufgebaut und anschließend mit Rap und Gesang garniert. Die Einflüsse reichen von Hip Hop über Drum'n'Bass und Dubstep zu Dancehall und Soul. Oft tritt er mit seiner Lebensgefährtin Flower Fairy auf. Inzwischen trifft man ihn anscheinend auch in größeren Konzerthallen (17.7., 19 Uhr, Live Music Hall).
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