Der Kölner Verband Klubkomm hat im März eine Streamingplattform ins Leben gerufen, die Live-Veranstaltungen möglich macht und Spenden an Künstler und Veranstalter und deren Teams weiterreicht. Jens Ponke ist Mitinhaber der „Wohngemeinschaft“ und Mitbegründer der Konzertreihe „At The B-Sites“.
choices: Jens, wie hat sich der Cologne Culture Club seit dem improvisierten Start entwickelt?
In erster Linie haben sich im Laufe der Wochen immer mehr Clubs, Kulturveranstalter und Unterstützer angeschlossen, die mit viel kreativem Input und Unterstützung mithelfen, dass das Projekt sich immer mehr zu der gemeinschaftlichen Aktion entwickelt, die wir uns von Anfang an gewünscht haben. Das künstlerische und gestalterische Potential in der Stadt ist fantastisch und wir haben den Eindruck, dass wir es inzwischen besser abbilden können, als das zu Beginn der Fall war.
Was für Nutzerzahlen und Spendenbeträge werden verzeichnet?
Stand jetzt gehen wir auf die 50.000€ zu und verzeichnen in den letzten beiden Wochen tatsächlich nochmal eine gewachsene Spendenbereitschaft. Ein wenig überrascht uns das, da sich für viele Menschen die wirtschaftliche Situation ja leider auch verschlechtert hat. Vielleicht wird aber auch mehr und klar, was in Zeiten von #stayhome trotz aller Streaming-Angebote fehlt. Menschen treffen, sich austauschen, gemeinsam Musik genießen – für all das braucht es ja hinterher auch wieder eine funktionierende und breit gefächerte Kulturlandschaft.
Die Nutzerzahlen haben sich im Vergleich zu den ersten Tagen im Schnitt mehr als verzehnfacht. Im Moment schauen auf verschiedenen Plattformen etwa 5.000 Leute im Schnitt pro Stream zu. Tendenz steigend. Trotz der inzwischen ja traurigen Gewissheit, dass Live-Streams wohl noch für eine längere Zeit eines der wenigen kulturellen Angebote sein werden, freut es uns natürlich, dass das Interesse an dem Streams wächst.
Zeigen sich bei der digitalen Sendeform auch Chancen jenseits von Corona?
Man muss schon festhalten, dass ein Stream das Live-Erlebnis nicht ersetzen kann. Aber gerade für die Übergangszeit, in denen Clubs zwar wieder eröffnen dürfen, aber noch z.B. kapazitäre Beschränkungen aufgrund des Infektionsschutzes gelten dürften, könnten Streamings ein sinnvolles Zusatzangebot sein, das bestenfalls auch wirtschaftlich hilft. Insofern hilft es schon gut, dass sich gerade viele Leute mit dem Thema anfreunden und es als Option einbeziehen.
Ich persönlich hoffe aber, dass wir auch Zukunft Konzerte, DJ-Sets und andere Events mit allen Sinnen in Clubs genießen, statt zuhause das Laptop aufzuklappen. Und man muss auch deutlich sagen, dass sich nach jetziger Einschätzung aus Streaming-Einnahmen, Gutscheinen oder sonstigen Kompensationen dauerhaft kein einziger Club finanzieren werden kann. Was wir aktuell machen, ist der oft zitierte Tropfen auf dem heißen Stein. Allerdings aktuell eben der einzige Tropfen, weswegen es lohnt, weiter zu machen.
Was ist die größte Herausforderung hinter den Kulissen?
Sicherlich ist das, allen Beteiligten und der künstlerischen Leistung als solcher gerecht zu werden. Wir wünschen uns natürlich, dass die Spenden aus jedem Stream ausreichen, um den Musikerinnen und Produktionsmitarbeitern wenigstens eine gewisse Wertschätzung zu signalisieren. Dafür müssen die Streams so viele Leute wie möglich sehen. Andererseits darf man aber nicht müde werden zu betonen, dass Kunst und Kultur kein kostenloses Gut sein können und dass ein Auftritt auch als Stream eine wertvolle künstlerische Leistung bleibt.
Klar ist, dass wir mit dem Format den „regulären“ Kulturbetrieb nicht ersetzen können oder wollen. Weder wirtschaftlich noch inhaltlich. Kunst braucht Orte, Exklusivität und vor allem Zuschauer, um ihre Wirkung zu entfalten. Dahin wollen wir zurück. Bis dahin ist es wichtig, dass die Kölner Kulturszene sichtbar bleibt und vor allem vollständig erhalten bleibt.
Cologne Culture Stream | culture-stream.cologne
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