Sehr unterhaltsam führten Milena Glimbovski, die Berliner Autorin des Buches „Ohne Wenn und Abfall“, und Ines Dettmann vom Literaturhaus Köln durch den späten Sonntagnachmittag. Der Veranstaltungsort war das gemütliche Motoki-Wohnzimmer in der Stammstraße in Ehrenfeld. Glimbovski ließ es sich nicht nehmen, gleich zu Beginn der Lesung zu äußern, dass Ehrenfeld das kleine Berlin-Kreuzberg sei. Dort eröffnete die junge Autorin 2014 den ersten Original-Unverpackt-Supermarkt, der komplett auf Einwegverpackungen verzichtet.
Der Plastikverbrauch steht im Zusammenhang mit dem Klimawandel, mit Umweltverschmutzung und Artensterben. Millionen Tonnen Plastikmüll landen im Meer. Die Veranstaltung „Plastiklos leben – Ohne wenn und Abfall“ beschäftigte sich also mit der Frage, wie ein plastikloses Leben möglich ist. Für die Vermeidung von Plastikmüll habe sich die Autorin schon früh interessiert. 1995 kam sie aus Russland nach Deutschland. Das Fernsehen, erzählte sie, sei ihr eine Hilfe beim Deutschlernen gewesen. Besonders habe sie es damals fasziniert, auf KiKA Peter Lustig zu sehen, der in einer Sendung mit einem Kanister einkaufen ging und keine Plastiktüte benötigte.
Die Idee, das Einkaufen ohne Verpackungen zu ermöglichen, sei ihr vor etwa fünf Jahren bei einem Gespräch in ihrer Berliner Wohngemeinschaft gekommen. Aus der Idee wurde gemeinsam ein Konzept entwickelt, das bei einem Business-Wettbewerb gewann. Mit Hilfe von Crowdfunding haben sie es geschafft, innerhalb eines einzigen Tages das benötigte Eigenkapital zu erlangen und somit einen Kredit für den Supermarkt zu bekommen, der später in Kreuzberg eröffnete. Das Einkaufen ohne Plastikverpackungen begeisterte viele Menschen, die diese Idee für ihr eigenes Geschäft übernahmen. Mittlerweile gäbe es zwischen 50 und 60 Unverpackt-Läden in Deutschland, so Glimbovski. Sie habe auch von Geschäftseröffnungen in Australien gehört.
Im Motoki-Wohnzimmer las sie unter anderem aus dem Kapitel ihres Buches zum Thema Einkaufen. Sie schildert in diesem Kapitel, wie es sich für sie anfühlt, in ihrem eigenen Original-Unverpackt-Laden einkaufen zu gehen. Selbstbewusstes Selbstmarketing. Ihr Buch beschäftigt sich zur einen Hälfte mit der Entstehung des eigenen Ladens und zur anderen Hälfte mit Minimalismus und „Zero Waste“. Neben der Lesung gab sie Tipps für den Alltag: Wer keinen Unverpackt-Laden in der Nähe habe, könne auch mit einem eigenen Behälter an die Frischetheke des nächsten Supermarkts gehen. Ein Hinweis von ihr betrifft die Lagerung von Bananen, die an einem Haken aufgehangen werden sollten, denn durch das Hängen würden keine Druckstellen entstehen und die Haltbarkeit verlängert werden.
Glimbovski behielt einen guten Kontakt zu den BesucherInnen. Als im Publikum ein Handy klingelte, meinte sie nur: „Mach auf Lautsprecher, dann kann die Person mithören“ – und machte unbeirrt weiter. Plastik im Badezimmer ließe sich dadurch vermeiden, dass Kosmetik einfach selbst hergestellt werden könne. Sie wies darauf hin, dass sich in Duschgels selbst, nicht nur in deren Verpackungen, häufig Mikroplastik befände, welches sich die Konsumenten bei der Dusche einmassieren würden. Fraglich, ob das so gesund sei. Rezepte für die Herstellung von Kosmetik finden sich ebenfalls in ihrem Buch, das am Ende der Veranstaltung bei einem Ratespiel zwei Personen gewannen.
Manche Fragen, die an dem Abend aufkamen, konnten nur teilweise beantwortet werden, etwa wie ökologisch wertvoll das Nutzen von Bambuszahnbürsten ist, wenn sie in China hergestellt werden. Doch auch, wenn die eine oder andere Frage bei der Umsetzung eines plastiklosen Lebens offen bleiben, gibt es immer die Möglichkeit, so Glimbovski: „nach bestem Gewissen ökologisch zu leben“.
Literaturtipps zur Thematik des ökologischen Lebens hält Milena Glimbovski in ihrer Facebookgruppe „Ohne Wenn und Abfall“ bereit. Ihr gleichnamiges Buch ist im Oktober erschienen.
Milena Glimbovski: Ohne Wenn und Abfall | Kiepenheuer & Witsch | 304 S. | 12,99 €
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