choices: Nach ausgedehntem Touren durch Europa und den USA schlagen „The Chameleons Vox“ endlich wieder in Deutschland auf. Ist es für dich etwas Besonderes, in Deutschland zu spielen? Oder macht es für dich keinen Unterschied, wo du spielst?
Mark Burgess: Deutschland war für mich und uns immer ein besonders dankbares Terrain, schon 1983 sind wir hier in ausverkauften Häusern aufgetreten. Damals wie heute genießen wir in Deutschland das Privileg, für ein außergewöhnlich begeisterungsfähiges Publikum aufzutreten. Die Leute hier geben uns das Gefühl, ein Heimspiel zu bestreiten. Und diesen Heimvorteil nutzen wir gerne aus.
Generell, wie würdest du euren Sound einem blinden Gehörlosen in Braille beschreiben wollen?
(lacht) Auch eine Art, nach einer Kategorisierung zu fragen! Aber dass wir nie so recht in eine Schublade passen wollten, hat uns vielleicht kommerziell geschadet, ebenso wie unsere Verweigerung gegenüber den damals ach so notwendigen Musikvideos. Ja, wir haben in kommerzieller Hinsicht kaum einen Fehler ausgelassen! Aber wer uns kennt, weiß, was ihn erwartet. Sicher wurden wir oft mit der Manchester Szene der frühen Achtziger, mit Joy Division etwa, in Bezug gesetzt, aber wir waren von Anfang an nolens volens außen vor. In der Tat beziehe ich mich auf klassische Rockbands wie die Beatles oder The Who oder auch auf Glam oder Progressive Rock. Nicht von ungefähr spielen heute bei „The Chameleons Vox“ Musiker, die auch schon mit Peter Gabriel gearbeitet haben. Wie auch immer, wir sind und waren Kinder unserer Zeit. Doch Zeit ist vergänglich, wir sind noch da.
Angesichts der schier kultischen Verehrung, die dir deine Fans entgegenbringen – fühlst du dich wie eine lebende Legende?
Es ist wunderbar zu sehen, wie über die Jahre eine enge Verbindung zwischen mir, uns und unseren Zuhören entstanden ist. Mit dem Bild einer lebenden Legende kann ich mich jedoch nicht anfreunden. Ich bin doch nicht Elvis in Vegas, obwohl … (weist lachend auf sein leicht „hypertrophiertes Feinkostgewölbe“) Nein, um ehrlich zu sein: Ich mache das alles vor allem, weil es mir Freude bereitet. Ziemlich egoistisch, oder?
Also erfolgt die Songauswahl für deine Konzerte nach deinem Gusto, und nicht etwa nach dem, wovon du denkst, dass deine Anhängerschaft es hören will?
Genau. I’m not a jukebox. Aber die Loyalität der Zuhörer deckt sich zumeist mit meinen Vorlieben. Heute Abend werden wir zum Beispiel zwei Songs spielen, die wir zuvor noch nie live gespielt haben, auch und erst recht nicht in der Originalbesetzung. Und dies wird geschehen, weil ich das so will und weil die Band meine Meinung teilt, dass es die Songs nach zwanzig Jahren ihrer Existenz verdient haben, endlich mal live interpretiert zu werden.
Werden wir denn heute Abend auch neues Material zu hören bekommen?
Es gibt neues Material. Aber noch nicht heute Abend, leider nein. Heute wollen wir uns noch einmal der Nostalgie hingeben und ausschließlich Sachen von unseren ersten drei Alben aus den Achtzigern spielen. Wenn die Zeit reif ist, dann werden wir mit den neuen Songs im Gepäck auf Tour gehen. Aber noch ist es nicht soweit, auch wenn ich ständig komponiere und schreibe.
Anders als früher beschränkst du dich bei deinen Auftritten aufs Singen. Du bist halt die „Vox“ der Chameleons. Warum hast du den Bass abgegeben?
Warum habe ich überhaupt Bass gespielt? Gut, ich bediene nach wie vor gerne den Bass, aber dass ich dies bei den Chameleons tat, war eigentlich aus einer selbst auferlegten Not geboren. Wir wollten ein klassisches Line up, wie die Fab Four! Fünf auf der Bühne erschien uns einer zu viel. Doch der Bass hat mich immer ein wenig daran gehindert, auf Tuchfühlung mit dem Publikum zu gehen. So ein Instrument vor der Brust kann zur Barriere werden, man kann sich dahinter versteckt. Heute, wo ich nur noch das mache, was ich machen will, überlasse ich den Bass sehr gerne einem guten Freund, der das besser kann als ich (lacht).
Und – wird Manchester City ManU noch einholen?
Es sind noch ein paar Spiele, die Hoffnung stirbt zuletzt. Als FC Köln-Fan würde ich mir da ganz andere Sorgen machen …
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