Es ist wohl einer der fatalsten Irrtümer unserer Zeit: Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie nach dem GAU von Fukushima, glauben nicht wenige, die Energiewende sei in trockenen Tüchern. Doch wie die Diskussion um die Produktion des Klimakillers Kohlendioxid zeigt, ist mit dem Abschalten von Atomkraftwerken allein nicht viel gewonnen. Denn statt auf Uran und Plutonium, setzt die deutsche, industrielle Energieerzeugung weiterhin auf Braunkohle – einen schmutzigen und ineffizienten Energieträger. Denn das Verfeuern von Braunkohle setzt riesige Mengen Treibhausgas frei. Einerseits trägt Deutschland so zu einem beschleunigten Klimawandel bei, andererseits konterkariert es die internationalen Zusagen bei der Treibhausgasreduktion. Aber auch gesellschaftlich sorgt der Braunkohle-Tagebau in der Lausitz und im Rheinischen Becken für reichlich Konfliktstoff. Das zeigen einmal mehr die jüngsten Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst.
Aber könnte man Energie auch dezentral, demokratisch und weitgehend konfliktfrei produzieren? Ja, das geht. Das zeigen immer mehr Energiegenossenschaften, die sich landauf, landab zusammenschließen. Genossenschaften entscheiden gemeinschaftlich und zum allgemeinen Nutzen darüber, wie Wind, Sonne und Wasserkraft Kohle und Atom ersetzen können. Sie machen aber auch deutlich, dass entgegen vieler Unkenrufe aus Politik und Industrie, eine zu 100 Prozent erneuerbare Energieproduktion für Wärme, Strom und – nicht vergessen! – Verkehr möglich ist.
Ein Beispiel ist die Mittelhessische Energiegenossenschaft (MiEG), gelegen zwischen Frankfurt und Gießen. 2013 nahm sie eine Photovoltaik-Anlage auf dem Sportzentrum in Rodheim in Betrieb, 2017 speiste die Anlage rund 96.000 Kilowattstunden Strom ins Netz der Oberhessischen Versorgungsbetriebe AG ein. Insgesamt produzierte die Anlage 121.000 Kilowattstunden, was für 30 Durchschnittshaushalte reicht. 2017 konnte die MiEG so nach eigenen Angaben 652 Tonnen CO2 einsparen. Durch den sonnenreichen Sommer 2018 rechnet die Genossenschaft mit einer Produktionssteigerung von rund 15 Prozent.
Gegründet wurde die MiEG von 33 Männern und Frauen im April 2011. Mittlerweile hat die Genossenschaft 560 Mitglieder – darunter Bürger, Kommunen sowie Betriebe in Süd- und Mittelhessen. Für 100 Euro gibt es einen Geschäftsanteil. Mehr ist auch nicht drin. So macht sich die MiEG für Investoren, die nur der Rendite wegen mitmachen wollen, unattraktiv. Einem Investor, der mit 50.000 Euro in die Genossenschaft einsteigen wollte, wurde abgesagt. „Kapitalgeier“ seien in der Genossenschaft nicht willkommen, heißt es.
Modellrechnungen von Greenpeace zeigen, dass die EU bis zur Jahrhundertmitte 94 Prozent ihrer Elektrizität erneuerbar produzieren könnte. Deutschland könnte sogar schon 2030 60 Prozent der Stromproduktion erneuerbar produzieren, bei weitgehendem Verzicht auf Kohle. Hierfür bedarf es aber der Mitarbeit von Anwohnern und Konsumenten, die im Optimalfall identisch sind und einen Vorteil durch ihre regionale Energiewende erfahren. Eine weitere Abkehr vom monopolistisch geprägten fossilen Energiesystem wäre die Folge. Es könnte dann durch eine demokratische, erneuerbare Struktur ersetzt werden.
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buergerwerke.de | Prämierte Konkurrenz für die Energiegiganten: Die Bürgerwerke nennen es „Ökostrom für Utopisten“ und produzieren in lokalen Energie-Gemeinschaften.
energie-demokratie.de | Das Büro erläutert die Chancen der Energiewende: Mitbestimmung und Nutzung für alle. Es bietet Analysen und entwickelt Szenarien zu Unterstützung.
eghf.de | Den MitgliederInnen verpflichtet: Die Genossenschaft produziert selbst Strom, fördert Projekte und organisiert Veranstaltungen wie Stadtradeln. Auch mit geringem Kapital kann hier investiert werden.
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