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Mit 75 Jahren immer noch die Definition von cool: Reggae-Legende Lee „Scratch“ Perry
Foto: Fufoo Film GmbH

Großstadt statt Siedlung

30. April 2014

An Highlights mangelt es dem Kölner Konzertangebot auch im Mai nicht – Unterhaltungsmusik 05/14

Das Gebäude 9 ist vorerst gerettet. Es wäre sogar für Kölner Verhältnisse reichlich absurd, einen Club abzureißen, der gerade erst den Bundes-Spielstättenpreis erhalten hat. Es ist nichts gegen neuen Wohnraum einzuwenden. Wenn der Bau aber auf Kosten altgedienter kultureller Einrichtungen stattfindet, hat die Planung eine Schieflage. Eine Stadt ohne Kultur ist nicht viel mehr als eine Siedlung... Neben dem zweitägigen Freedom Sounds Festival für Ska und Reggae (2.-3.5.) finden im Mai im Gebäude 9 über ein Dutzend weitere Veranstaltungen statt, darunter auch das Konzert von Woven Hand. Die Band wurde 2001 vom Sänger David Eugene Edwards zunächst als Seitenprojekt von 16 Horsepower gegründet. Letztere haben sich schon lange aufgelöst, Woven Hand spielen ihren verzaubernden Alternative Country mit Banjo, Bandoneon und Mandoline immer noch (18.5., 19 Uhr, Gebäude 9).

Auch so geht Großstadt: Bereits Anfang Mai findet im gesamten Stadtgebiet das Festival für Neue Musik „Acht Brücken“ statt. Wie bereits in den letzten Jahren steuert die c/o pop einige Pop-affine Veranstaltungen bei: So spielt das Acid Symphony Orchestra um den House-Produzenten Jori Hulkkonen eine Hommage an den Acid House der späten 80er Jahre (3.5., 20.30 Uhr, Stadtgarten). Das Kammerflimmer Kollektief sorgt mit seinen Stücken zwischen Electronica, Jazz und Noise für akustische Aufgeregtheit (6.5., 20 Uhr, raum13 – Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste). Die düsteren Slow Motion-Jazzer Bohren & der Club of Gore setzen gemeinsam mit den retrofuturistischen Krautrockern Kreidler einen Höhepunkt (9.5., 20 Uhr, Philharmonie).

Sein neues Album „Aus der Bibliothèque“ stellt Andreas Dorau im kleinen Rahmen vor. Es ist das neunte in 33 Jahren und das erste nicht-elektronische seit 1987. Geholfen hat die Band Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen (17.5., 20 Uhr, King Georg). Family Fodder haben im Fahrwasser der New Wave Anfang der 80er Jahre verspielt-punkigen Pop mit experimentellen Momenten und Dubeinlagen gemacht. Vor einigen Monaten wurde ihr Klassiker „Monkey Banana Kitchen“ und einiges mehr wiederveröffentlicht. Nun touren sie im Original-Line up von 1981, also nicht nur mit Bandleader Aliq Fodder, sondern auch mit Sängerin Dominique Levillain (21.5., 20 Uhr, King Georg). Der 75-jährige Lee ‚Scratch‘ Perry ist eine Legende des Reggae. Anfang der 60er Jahre war er schon beim Ska dabei, Ende der 60er bei der Entstehung von Reggae und kurz darauf aktiv an der Entwicklung von Dub beteiligt. Auch heute noch ist er ein umtriebiger Erforscher von Sounds und Riddims. Mit der Schweizer Backingband The White Belly Rats bringt er einen Querschnitt seines an Platten reichen Œuvres (27.5., 20 Uhr, Luxor). Auch R. Stevie Moore kann auf unzählige Plattenaufnahmen zurückblicken. Der Kumpel von Ariel Pink ist seit Mitte der 70er Jahre die Definition von Indie: Selbstverlegte Platten, oft im Schlafzimmer aufgenommen, komplett an kommerziellen Gesichtspunkten vorbei produziert. Der charmante Pop-Rock des bärtigen Schwergewichts wurde zuletzt auf der Compilation „Personal Appeal“ gefeiert (28.5., 20 Uhr, King Georg). Zusammen mit Robin Williamson war Mike Heron der Kopf der versponnenen britischen Folkband The Incredible String Band, die Ende der 60er Jahre ihren entgrenzten Hippie-Folk machte. Heute würde man Freak Folk sagen. Und weil das zur Zeit wieder schwer angesagt ist, fiel es Heron sicherlich nicht schwer, mit den Trembling Bells eine Tourband zu finden. Die haben u.a. auch schon mit Will Oldham alias Bonnie ‚Prince‘ Billy eine Platte aufgenommen (31.5., 20 Uhr, King Georg).

CHRISTIAN MEYER

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