Die Zeit hat im Gegensatz zu einem Wasserkocher keinen Knopf, mit dem man sie anhalten kann. Das ist eine von vielen Erkenntnissen, mit denen Stefan Waghubinger in seinem neuen Programm „Außergewöhnliche Belastungen“ das Publikum konfrontiert (am 17. Dezember in der Comedia). Eigentlich schade, weil man so einen Schalter gerne an einem der sonnigen Herbsttage gedrückt hätte – und zwar so lange, bis Weihnachten vorbei ist. Mindestens.
Der Wasserkocher steht auf einem Tisch, neben Papierstapeln und einem Schuhkarton, in dem Waghubinger die Quittungen für seine Steuererklärung gesammelt hat. Aber erst mal wird Kaffee gekocht. Und übers Leben und den Tod sinniert. Man wisse so vieles nicht, sagt der aus Österreich kommende und seit über 20 Jahren in Stuttgart beheimatete Kabarettist, auch nicht sein Todesdatum. Anschaulich gemacht an einem roten Gummi: „Wenn der reißt, ist es vorbei.“
Er erinnert sich an seine Kindheit, den Schrottplatz, auf dem er gespielt hat und seinen Traum, dereinst wie Captain Kirk durchs Universum zu treiben. Stattdessen strickte ihm die Mutter ein Biene-Maja-Kostüm: Enttäuschungen, die man auszuhalten lernt. Der große Kleinkünstler vergleicht Ameisen und Spitzenmanager („gehen von alleine weg, wenn es nichts mehr zu holen gibt“), erzählt von seiner Frau, die ihn wegen der Staubmilben verlassen hat und von Kühen, die Muuuh machen („damit ist alles gesagt“).
Kluge Gedanken („Veränderungen kann man an sich wahrnehmen, wenn man einen Menschen, der so ist wie man selbst vor drei Jahren war, für ein komplettes Arschloch hält“), witzige Beobachtungen („Jeder Mensch ist schön, bei dem einen sieht man's, bei dem anderen nicht“), überraschende Fragen („Wie viel Ladefläche hat der große Wagen am nächtlichen Himmel?“): Waghubinger verzahnt all das – und noch mehr – zu einem raumgreifenden Exkurs, der irgendwo zwischen Becketts „Endspiel“ und Süskinds „Kontrabass“ angesiedelt ist. Beeindruckend.
Ebenfalls ein kabarettistisches Schwergewicht mit ausgeprägtem Hang zu absurden Geschichten: Matthias Egersdörfer, der im Februar den Deutschen Kleinkunstpreis des Mainzer unterhauses überreicht bekommt. Die Jury zeichne damit einen Künstler aus, „der die Welt mit grantigem Blick betrachtet und mit anarchischer Urigkeit kommentiert; ein Berserker auf der Bühne, überlässt er das Lachen dem Publikum, das er ebenso von Herzen liebt wie beschimpft. Im Spannungsfeld aus rustikaler Bodenständigkeit und pointiertem Erzählen entsteht Kunst.“ Am 10.12. tritt der Kabarettist mit seinem Programm „Vom Ding her“ in der Comedia auf.
An dieser Schlachtplatte dürfen sich sogar Vegetarier gütlich tun: Mit ihrer Jahresendabrechnung servieren die Humor-Agenten Robert Griess, Jens Neutag, Matthias Reuter und Onkel Fisch ein komplett glutenfreies Gericht, das höchstens den vorgeführten Politikern schwer im Magen liegen wird. Das Männer-Quintett knöpft sich all das vor, was in den vergangenen Monaten schiefgelaufen ist, untersucht die Folgen von Machtgelüsten und ballerseliger WM-Euphorie-Zeiten inklusive vorübergehender nationaler Amnesie – am 13. und 14.12. im Kölner Senftöpfchen-Theater und am 16.12. im Bonner Pantheon. Garantiert fleisch- aber nicht bisslos. Verspricht wie immer hoch und heilig Ihre stets ergebene
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