Das Sommerloch ist zugeschüttet: Vorbei die Zeit der massenhaften Parkplätze und der übersichtlichen Einkaufsmeilen. Und wir dürfen uns wieder amüsieren. Dank der Kleinkunst-Bühnen, die sich mit Elan in die Saison stürzen. Ein schlechtes Gewissen muss der Homo ridens, also der lachende Mensch, nicht haben. Bereits Goethe hat es auf den Punkt gebracht: „Zerstreuung ist wie eine goldene Wolke, die den Menschen, wär‘ es auch nur auf kurze Zeit, seinem Elend entrückt.“ An Elend mangelt es bis heute nicht. Also lassen wir uns entrücken – zum Beispiel mittels des 2009 gegründeten Vokal-Ensembles BonnVoice, das am 7. das 20. Pantheon-A Cappella-Festival eröffnet. Bis zum 30. November werden neun Gruppen und Solo-Künstler mit der Kraft ihrer Stimmen und ihrem Spaß am Singen das Theater in Schwingungen versetzen.
Drei Tage später, also am 12., gastiert die Hannoveraner Truppe Maybebop mit Stücken ihrer aktuellen CD „Weniger sind mehr“ und fordert in „Wünsch Dir was“ die Zuhörer der Konzertshow auf, sich per Zuruf einen Song zu wünschen. Das kann heiter werden, genauso wie die Wirtschaftswunderrevue, mit der die Sweethearts am selben Abend nebenan im Casino aufwarten: Da versinkt die Sonne im Meer, zwei kleine Italiener sehnen sich nach Tina und Marina und der Kriminaltango sorgt für Gänsehaut: schauerlich schön, wie man die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit Schlagerhits von Bulli Buhlan, Conny Froboess, Caterina Valente und Trude Herr zum Leben erweckt.
Wesentlich anderer Natur sind die Töne, die Eva Eiselt (am 20. im Atelier Theater, am 26. im Pantheon-Casino) anschlägt: mit (schau-)spielerischer Eloquenz holt sie einen Typ vom Ordnungsamt auf die Bühne, der nur einen Traum hat: er möchte die Menschen einmal im Leben zum Lachen bringen. In ihrem Programm „Neurosen und andere Blumen“ präsentiert die Kabarettistin ein ganzes Arsenal an multidimensionalen Charakteren, lotet die Figuren bis auf ihre zweifelhafte Identität aus und geht der Frage nach, ob diese – frei nach Schopenhauer – am Ende nur als Vorstellung existieren: gleich einem Vexierrätsel führt dergleichen unweigerlich in die Irre. Nur Angie, die Kanzlerin, gibt es wirklich – und Mireille Mathieu. Muss man einfach gesehen haben.
Vergleichbares gilt auch für Simone Solga, die „Im Auftrag der Kanzlerin“ unterwegs ist (am 30. im Senftöpfchen-Theater). Und nein: das ist kein stinknormaler Kabarett-Abend, sondern eine Riesensause durch die Niederungen der Politik. Die schagkräftige und -fertige Berlinerin legt unter anderem eine Statistik vor, nach der die Stadt Köln sich bestens als atomares Endlager eignet, kündigt die Veröffentlichung eines Hörbuchs mit den NSA-Mitschnitten von Merkels Handy an und weiß um die erneuerbaren Versprechen, die inzwischen zum Rüstzeug unserer Politiker gehören.
Ein Highlight des Monats ist auch die Lesung von Mathias Brandt, der zusammen mit dem Pianisten und Sänger Jens Thomas den Hitchcock-Thriller „Psycho“ neu interpretiert (am 15. in der Oper Bonn). Eine „Fantasie über das kalte Entsetzen“ heißt der Versuch, mittels Improvisation die Spannung des filmischen Meisterwerks bühnentauglich zu machen. Dass Brandt einer der besten Schauspieler der Republik ist, weiß man. Weniger bekannt ist seine stupende Fähigkeit, Texte vorzutragen. Einfach grandios – verspricht hoch und heilig die Ihnen stets ergebene
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