Das Leben des Johann Wolfgang, in Bonn nicht verfilmt, sondern dokumentiert. In neun Kapiteln zeigt die Bundeskunsthalle Werk und Wirkung in einer überaus abwechslungsreichen Ausstellung. „Goethe – Die Verwandlung der Welt“, und ich hatte den Eindruck, sie wird gut besucht und nicht nur von pensionierten Oberstudienräten und -innen. Der Rundgang beginnt mit einer halb im Boden versunkenen Kutsche, eine Kunst-Installation von Asta Gröting („Die Reisekutsche von Goethe“, 2011-2012). „Da ist ja alles falsch“, tönt es hinter mir, ein älterer Herr (Beruf unbekannt) erklärt seinen zwei Begleiterinnen, dass die Deichsel, so nicht und so weiter. Ich eile in den nächsten Raum, schließlich kann die Reise durch das interessante Leben und Wesen des Herrn Geheimrates (1749-1832) ja nicht von dieser Kutsch-Deichsel abhängen und der mit dem Gefährt verbundenen verschmähten Liebe der Ulrike von Levetzow und einem Jahrtausend-Liebesgedicht.
Das Allround-Genie zwischen Poesie und Wissenschaft wurde in Frankfurt geboren. Sein Geburtshaus ist heute „ein nationalkultureller Erinnerungsort“, die Zeit war ein Sammelsurium aus kriegerischen Auseinandersetzungen und spektakulärer Modernisierung von Wissenschaft und Gesellschaft. Goethe bewunderte, gut ausgebildet und finanziell sorgenfrei, erst Literatur, Kunst und Natur und später auch Napoleon. Doch erst einmal gelangte er mit seinem 1774 veröffentlichten Roman „Die Leiden des jungen Werther“ zu Weltruhm. Schnell wird die Figur zu einem beliebten Motiv der Zeit. Ölbilder, Zeichnungen, alle wollten teilhaben an der erkannten Schönheit des Textes und in Bonn sind auch Schriften in Originalhandschrift (natürlich Faksimile) zu sehen. Und auch die begleitenden Kunstwerke selbst sind schon eine Reise wert. Einen großen Raum – und die sind in der Kunsthalle ziemlich farbig gestaltet – nimmt auch der Dialog mit dem Orient und Goethes Farbenlehre ein, ein bisschen schnell huscht man durch den „Faust“, allerdings entschädigen die drei Faust-Bühnenbild-Modelle von Max Reinhardt (1909), Christof Marthaler (1993) und Frank Castorf (2017). Mehr Zeit.
Goethe – Die Verwandlung der Welt | bis 15.9. | Bundeskunsthalle, Bonn | 0228 917 12 00
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Vorwärts Richtung Endzeit
Marcel Odenbach in der Galerie Gisela Capitain – Kunst 11/24
Außerordentlich weicher Herbst
Drei Ausstellungen in Kölner Galerien schauen zurück – Galerie 11/24
Lebenswünsche
„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ in Köln – Kunst 09/24
Die Absurdität der Ewigkeit
Jann Höfer und Martin Lamberty in der Galerie Freiraum – Kunstwandel 08/24
Unser Körper in Schichten
„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ in Köln
Tage des Schlafwandelns
„Übergänge des Willens“ im KunstRaum St. Theodor – Kunstwandel 07/24
Das Gewicht der Gedanken
„scheinbar schwerelos“ im Zündorfer Wehrturm – Kunst 06/24
Suche nach Menschlichkeit
Burkhard Mönnich in der Galerie Martinetz – Kunst 05/24
Steigen, Verweilen, Niedersinken
Nadine Schemmann mit zwei Ausstellungen in Köln – Kunstwandel 05/24
Das Verbot, sich zu regen
„Es ist untersagt ...“ von Frank Überall im Gulliver – Kunstwandel 04/24
Makroproteste in der Mikrowelt
Agii Gosse in der Galerie Landmann-31 – Kunstwandel 03/24
Expansion in die Löwengasse
Kunstraum Grevy eröffnet Pop-Up-Store „Grevy Satellite“ – Kunst 02/24
Mit dem Surrealismus verbündet
Alberto Giacometti im Max Ernst Museum Brühl des LVR – kunst & gut 11/24
Fragil gewebte Erinnerungen
„We are not carpets“ im RJM – Kunst 10/24
Geschichten in den Trümmern
Jenny Michel in der Villa Zanders in Bergisch Gladbach – kunst & gut 10/24
Ein Himmel voller Bäume
Kathleen Jacobs in der Galerie Karsten Greve – Kunst 09/24
Leben/Macht/Angst
„Not Afraid of Art“ in der ADKDW – Kunst 09/24
Die Freiheit ist feminin
„Antifeminismus“ im NS-Dokumentationszentrum – Kunstwandel 09/24
Atem unserer Lungen
„Body Manoeuvres“ im Skulpturenpark – kunst & gut 09/24
Vor 1965
Marcel van Eeden im Museum Schloss Morsbroich in Leverkusen – kunst & gut 08/24
Atem formt Zeit
Alberta Whittle in der Temporary Gallery – Kunst 07/24