Kürzlich erst feierten wir zum 100. Mal die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland. Während unsere Kanzlerin dem Jubiläum bereits im Vorfeld huldigte, indem sie ankündigte, sich nicht mehr wiederwählen zu lassen, fängt das Kino nun die Sache vergleichsweise stilvoll auf und zelebriert den feierlichen Gedenkmoment zum Jahresbeginn mit einem auffallend starken Frauenmonat. So tummeln sich in den kommenden Wochen allerlei kämpferische und schöpferische Frauen von der türkischen Provinz („Sibel“) bis nach Hollywood („Manhattan Queen“) durch Arthouse-Saal und Multiplex. Eine feminine Offensive, der männliche Filmhelden vergleichsweise rückständig begegnen, nämlich mit den Fäusten („Creed 2“). Nein, wirklich ernst zu nehmen ist eigentlich bloß Hugh Jackman, der als „Spitzenkandidat“ antritt und damit Merz und Spahn rückwirkend gleichermaßen in den Schatten stellt.
Apropos weibliche Sinnesfreude: Der Dokumentarfilm „#Female Pleasure“ erzählte unlängst vom Recht auf Lust und Selbstentfaltung, das der Mann der Frau seit Jahrtausenden zu verwehren sucht, indem er regelmäßig religiöse Schriften verfasst, die derlei Streben vehement beschneiden. Ähnliches galt und gilt auch für die Bildung, die der Mann der Frau traditionell zu verweigern sucht. Und so erzählt dieser Kino-Januar erst recht nicht nur von Mädchen, die lesen können („Das Mädchen, das lesen konnte“), sondern auch und vor allem von Frauen, die schreiben können und konnten. Und das taten sie bekanntlich schon vor dem Frauenwahlrecht. Mitunter allerdings ebenso wie die geheime Wahl: geheim. „Mary Shelley“ publizierte noch unter eigenem Namen, und so tut das Kino in diesem Monat gut daran, auch an die Schöpferin von Frankensteins Sohn zu erinnern. Vor allem aber wendet es sich verstecktem weiblichen Schaffen zu: Sowohl „Colette“ als auch „Die Frau des Nobelpreisträgers“ widmen sich Autorinnen, die die Feder in die Hand nehmen, mit der sich am Ende jedoch ein Mann schmückt. Stichwort: Ghostwriting. Dass beide Dramen, das eine historisch verbürgt, das andere erdacht, zeitgleich am 3. Januar starten, bringt die geballte Female Power des Januars unfreiwillig pointiert auf den Punkt.
Ghostwriting, Ghostpainting, Ghostcomposing: Die Herkunft von Kunst, die versteckt im stillen Kämmerlein entsteht, darf grundsätzlich angezweifelt werden, damit hat der bzw. die alte Shakespeare bekanntlich bis heute zu kämpfen. Und selbst wer erwiesenermaßen verantwortlich zeichnet für ein großes literarisches Werk, hat doch meist zumindest einen offiziellen Ghost-Cowriter mit an Bord: das Lektorat. So auch dieser kleine Text, für dessen Autorenschaft sich der Autor selbstredend verbürgt. Oder steckt am Ende doch eine Colette dahinter?Nur warum sollte die sich hinter derlei großartigen Zeilen verstecken? Warum sollte sie sich hierzulande heutzutage überhaupt verstecken? Nun, derlei Fragen geben wir mal besser ab an die Ghostwriterbusters und feiern stattdessen die Frau. Und das nicht nur im Januar. Und nicht nur im Kino.
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