Während in Deutschland noch beklatscht wird, dass Periodenprodukte größtenteils nicht mehr unter die Luxussteuer fallen, stellt Schottland diese als erste Nation weltweit kostenfrei zur Verfügung: hier sind Tampons, Binden und Slipeinlagen, aber auch wiederverwendbare Produkte wie Menstruationstassen oder auswaschbare Einlagen gratis. Mit diesem Angebot richtet sich das Land an alle menstruierenden Bürger:innen, unabhängig vom individuellen Einkommen.
Die Würde menstruierender Menschen
Periodenarmut betrifft menstruierende Menschen weltweit. So auch in Großbritannien: Etwa zehn Prozent der Mädchen und Frauen können sich während ihrer Periode den Kauf von Tampons, Binden & Co nicht leisten. Schottland zeigt sich als Pionier im Umgang mit der dort verbreiteten Periodenarmut und interveniert mit Hilfe eines neuen Gesetzes.
Speziell setzte sich die schottische Politikerin Monica Lennon für den gesetzlichen Beschluss ein. Periodenprodukte seien unverzichtbares Grundrecht und ein freier Zugang dazu müsse garantiert werden, um die Würde menstruierenderMenschen zu wahren, so Lennon. Sie regte ein Gesetz an, mit dem Schottland noch einen Schritt weiter gehen würde: Periodenprodukte sollten kostenlos sein, nicht nur für Personen in Not, sondern für alle menstruierenden Bürger:innen.
Übersicht per App
Erstmals vorgestellt wurde der Period Products Act im April 2019. Mehr alszwei Jahre dauerte es, bis er unter einstimmigem Beschluss zum 15. August 2022 in Kraft treten konnte. Seither ist die kostenfreie Verfügbarkeit von Periodenprodukten an Schulen, sowie an öffentlichen Einrichtungen, sofern die Regierung dies einfordert, gesetzlich verankert.
„Got your period, we’ve got you!“So lautet der Slogan in Schottland vielerorts. Das Gesetz sieht an Orten wie Gemeindezentren, Jugendvereinen oder Apotheken freien Zugang zu den Produkten vor. Die schottische Regierung verpflichtete sich, hierfür ein landesweites System auszuarbeiten.
Mehr als Tampons
PickUpMyPeriod – so heißt die von der Regierung entwickelte App, die mittlerweile über 700 Standorte verzeichnet, an denen die kostenlosen Produkte erhältlich sind. Einzelne Regionen gründeten zudem Initiativen, unter anderem die Free Period Dignity Partnership: ein vertraulicher und diskreter Service, über den gewünschte Produkte ausgewählt und kostenfrei geliefert werden.
Einige schottische Regionen sehen Chancen für weitere Aufklärung und informieren auf den Websites zum Vertrieb der Periodenprodukte unter anderem über Brustkrebs, Menopause oder Gebärmutterhalskrebs. So bietet das Angus Council auf der Website Free Period Angus Red Tent Events an: Beiträge über Menstruationsbeschwerden, Stillen oder Mental Health.
Meine Meinung zu diesem Thema
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