Donnerstag, 8. Oktober: Natürlich war die Corona-Pandemie auch am Film Festival Cologne nicht spurlos vorübergegangen, das 2020 sein 30-jähriges Jubiläum feiern konnte. Trotz der Einschränkungen, die mit den erforderlichen Hygiene- und Abstandsregeln einhergingen, hatten sich die Veranstalter um Martina Richter dazu entschieden, das Festival live in den Kölner Kinos und Veranstaltungsorten abzuhalten. Auch auf die traditionellen Artist Talks wollte man nicht verzichten, die am Nachmittag vor der Abschlussveranstaltung mit den Preisträgern des Jahres veranstaltet werden. Eine brandaktuelle Verordnung der Stadt Köln verhinderte zwar, dass die anwesenden ZuschauerInnen die Künstler selbst befragen durften, wie es in den Vorjahren stets möglich gewesen war. Doch die fachkundig geleiteten Interviews auf der Bühne sorgten dafür, dass auch das Publikum auf seine Kosten kam. Zwei der sieben Hauptpreise gingen im Jahr 2020 an herausragende dänische Filmschaffende, die ganz aktuell bereits zum zweiten Mal an einem Film zusammengearbeitet haben: Mads Mikkelsen („James Bond 007: Casino Royale“) wurde mit dem International Actors Award ausgezeichnet, sein Landsmann und Regisseur Thomas Vinterberg („Die Jagd“) wurde der „Hollywood Reporter Award“ zugesprochen.
Den Artist Talk mit Mikkelsen moderierte Domenico La Porta, der dem Schauspieler entlockte, dass dieser trotz seiner internationalen Karriere und beeindruckenden Rollen in Film („Star Wars: Rogue One“) und Fernsehen („Hannibal“) nach wie vor gerne in seiner dänischen Heimat arbeitet. „Ich bin nun einmal Däne und in Dänemark aufgewachsen, Dänisch ist meine Sprache und ich fühle mich daheim, wenn ich dort auch filmen kann“, sagte der Schauspieler, der neben seiner Muttersprache und Englisch auch ein wenig Französisch und Deutsch spricht, und auch in diesen Sprachen bereits gedreht hat. Seine deutsche Rolle in „Die Tür“ sei eine Herausforderung für ihn gewesen, wobei sich die beiden Sprachen und die Art des Sprechens durchaus nicht unähnlich seien. Angesprochen auf seine Rolle im Marvel-Film „Doctor Strange“ outete sich Mikkelsen nicht nur als Comic-, sondern insbesondere als Graphic-Novel-Fan. Zu seinen Favoriten gehörten die Arbeiten von Moebius und Enki Bilal, und er würde sich wünschen, dass es beizeiten zu einer Neuverfilmung von „Blueberry“ kommen würde, der zu seinen Favoriten zähle. Der Schauspieler, der sich in sämtlichen Genres zuhause fühlt, hätte nichts dagegen, im Film mal einen Zombie zu spielen – unter der Voraussetzung, dass es sich um den Haupt-Zombie handele, der nicht bereits in den ersten Filmminuten beseitigt wird. Zum Abschluss des Gesprächs betrat dann auch noch Thomas Vinterberg die Bühne, mit dem Mikkelsen gerade „Another Round“ gedreht hat, der ebenfalls auf dem Film Festival Cologne gezeigt wurde.
Für Vinterberg war im Anschluss aber noch ein eigener Artist Talk reserviert, den Scott Roxborough vom „Hollywood Reporter“ moderierte, und an dessen Ende wiederum Mads Mikkelsen als Gast die Gesprächsrunde erweiterte. Nachdem Vinterberg zunächst von seiner Kindheit und Jugend in einer dänischen Kommune berichtet hatte (seine Erfahrungen flossen später in seinen Film „Die Kommune“ ein), schilderte er die Ursprünge der Dogma95-Bewegung, die er mit einer Art filmischer Kommune verglich. Das damals gemeinsam mit seinem dänischen Regiekollegen Lars von Trier ins Leben gerufene Manifest, mit dem sich die Filmemacher von all jenem lossagten, was beim Drehen eigentlich zur Anwendung kommt, sieht Vinterberg als eine „Revolte gegen die Konventionen des Filmemachens“ an. Mit „Das Fest“ hatte er damals den ersten Dogma95-Film gedreht, sich danach aber schon wieder von der Bewegung abgewandt.
„Der Film war 1998 in Cannes ein großer Erfolg, weswegen ein Festhalten an den Dogma95-Regeln kein Risiko mehr dargestellt hätte. Wir wollten zwar eine Welle in Gang setzen, aber diesem Weg weiter zu folgen, fühlte sich meiner Meinung nach falsch an“, ergänzte Vinterberg. Nach echten Gefühlen und Verletzlichkeit suche er in seinen Stoffen aber nach wie vor. Mit seinem neuesten Werk „Another Round“ hatte er Lust, sich mit der Unkontrollierbarkeit auseinanderzusetzen, denn es geht darin um vier Lehrer, die ihren Beruf nur noch mit einem gewissen Alkoholpegel ausüben wollen. Die bewegende Sozialsatire wird im Januar 2021 auch bundesweit in den Kinos starten.
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