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Shortbus

Shortbus
USA 2006, FSK 18
Regie: John Cameron Mitchell
Darsteller: Lee Sook-Yin, Paul Dawson, Lindsay Beamish, PJ DeBoy, Raphael Barker, Jay Brannan, Peter Stickles

John Cameron Mitchell, der für seinen Debütfilm "Hedwig and the angry inch" 2001 den Preis für die beste Regie beim Sundance Filmfestival erhielt und Produzent von Jonathan Caouettes in diesem Jahr in Deutschland gestarteten Film "Tarnation" war, hat sich beim Entwurf von "Shortbus" an Vorbilder wie den frühen John Cassavetes ("Faces") gehalten und Charaktere und Drehbuch in Improvisation mit den Darstellern entwickelt: Sofie ist zwar Erziehungsberaterin, hatte aber noch nie einen Orgasmus. Jamie erhofft sich von ihr Rat für seine Beziehung mit dem zweiten Jamie, während dieser an seinem filmischen Vermächtnis arbeitet (das wohl nicht zufällig an "Tarnation" erinnert). Der Voyeur Caleb ist wiederum in ihn verliebt und beobachtet ihn heimlich. Die Domina Severin soll Sofie bei ihren Orgasmusproblemen helfen. Sie alle treffen sich im Shortbus und diskutieren ihre Probleme - oder lösen sie gleich tatkräftig. Der Arbeitstitel des Films lautete "The Sex Film Project", doch Mitchell verwendet Sex - alles echt übrigens, falls es jemanden interessiert - vor allem als Mittel, um Befindlichkeiten darzustellen. Dabei will er Sex nicht als dramatisches Abbild der seelischen Probleme zeigen, sondern mit Humor. Großartig tragikomisch z.B. die Szene, in der der eine Jamie versucht, sich selber einen zu blasen. Das ist, wie man sich denken kann, sehr anstrengend, sieht aber sehr lustig aus. An der Szene lässt sich gut ablesen, dass Mitchell nicht auf plumpe Provokation aus ist, oder einen verkappten Pornofilm drehen will (die einzige Parallele ist, dass hier wie dort nichts erotisch ist). Denn - falls die Metapher noch nicht angekommen ist: Jamie versucht hier schließlich etwas, was nicht nur aus Gründen der Gelenkigkeit schwierig ist und auch nur wenigen Menschen, vor allem in diesem Film, gelingt: sich selbst zu lieben. Über die psychischen Hintergründe und den metaphorischen Charakter von Voyeurismus oder S/M ließen sich ganze Aufsätze schreiben. Wer keine Lust auf lustige, explizite Sexszenen hat, sollte den Film meiden, oder besser: Sich im entscheidenden Moment die Augen zuhalten (lassen). Denn eine Gefühlswärme wie hier findet man selten im Kino.

(Christian Meyer)

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