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Schultze Gets the Blues
Deutschland 2003, Laufzeit: 114 Min., FSK 0
Regie: Michael Schorr
Darsteller: Horst Krause, Harald Warmbrunn, Karl-Fred Müller, Ursula Schucht, Hannelore Schubert, Wolfgang Boos, Rosemarie Deibel, Wilhelmine Horschig, Alozia St. Julien, Anne V. Angelle, Leo Fischer, Loni Frank, Elke Rümmler, Marylu Poolman, Ilse Holtmann, Eva Bodnar, Hans-Peter Rößiger

Schultze kriegt den Blues, als für ihn in seiner Zeche die Lichter ausgehen. Und das wortwörtlich: Schmuggeln sich in die Familientradition der Schultzeschen Polka doch alsbald aufmüpfige Klänge. Die Swamp-Music hält Einzug in der ostdeutschen Provinz ? und umgekehrt. Faszinierende musikalische Entdeckungsreise Langsam, verdammt langsam dreht sich das Windrad in der ostdeutschen Provinz. Die romantischen Zeiten des Bergbaus sind der Modernisierung zum Opfer gefallen. Und auch für Schultze und seine Kumpels läutet alsbald die Glocke zum letzten Zapfenstreich: Der Vorruhestand wartet. Schultze, der grummelige Junggeselle, steht am Scheideweg ? den in allen Varianten des Blues so vielbesungenen Crossroads. Hier: die Dorfkneipe, der Schrebergarten, Zechen, Angeln und zur geistigen Ertüchtigung ein wenig Schach. Dort: das große Nichts. Während sich seine Kumpanen in ihre Familie flüchten, in die schlichte Fortsetzung ihres tagtäglichen Trotts, nur eben ohne Arbeit, bleibt Schultze allein das Leben mit der Musik, seinem Akkordeon. Und das führt er wie eine gute Ehe: voller Hingabe, vorm Zubettgehen, treu, denn die Polka hat bei den Schultzens nicht nur Tradition, sondern sorgt auch alljährlich beim Heimatmusikverein für unveränderte Begeisterung. Doch: "Für ne Revolution ist man nie zu alt!" Wie bei Bohdan Slámas "Wilde Bienen" (choices 2/04: "Hillbilly Blues") verschafft sich auch in Michael Schorrs erstem Spielfilm die große weite Welt via Radio Zutritt zur verschlafenen Provinz. Das Andere hält Einzug, wird ängstlich verweigert und bricht sich doch schleichend seine Bahn: Cajun und Zydeco dringen aus dem Äther. Akkordeon mal anders. Und doch nicht wirklich, sind die sozialen Wurzeln von Polka und der Musik aus Louisianas Sümpfen doch mehr als ähnlich: hier der slawische Gesellschaftstanz als Ausdruck eines Ringens um die eigene Souveränität, dort das musikalische Konglomerat der in die Wildnis der Südstaaten vertriebenen Franzosen und der verschleppten Schwarzen. Schultze ist infiziert. Und der Zuschauer ebenso. Denn Michael Schorr gelingt es, auf wundersame Weise die bluesige Symbolik in die ostdeutsche Provinz zu zaubern und genauso unaufgeregt den letzten Weg zu verfolgen ? von einem, der auszog, in einer fremden und doch so vertrauten Welt seine persönliche Erfüllung zu finden.

(Lars Albat)

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