Maria Magdalena
Großbritannien 2018, Laufzeit: 120 Min., FSK 12
Regie: Garth Davis
Darsteller: Rooney Mara, Joaquin Phoenix, Chiwetel Ejiofor
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Anregende Bibel-Interpretation
Ich hoffe nur, ihr habt verstanden
„Maria Magdalena“ von Garth Davis
Stell dir vor, Jesus von Nazareth wurde von seinen Jüngern grundlegend missverstanden. Stell dir vor, das himmlische Königsreich wird gar nicht auf uns herniederkommen und die Menschheit retten, sondern es ist schon da. Hier, jetzt, in uns. Stellt dir vor, die Rettung der Menschheit kann nur durch einen erfolgen: durch den Menschen selbst. Und stell dir vor, Maria Magdalena war keine Prostituierte.
Letzteres zumindest sieht Papst Franziskus ähnlich, und so hat er die gute Frau 2016 vom Stigmata der Sünderin befreit und stattdessen den Aposteln gleichgestellt. Nun, die Sache mit der Prostitution, das erfahren wir im Abspann, fußte ohnehin bloß auf einer haltlosen Unterstellung, die der unfehlbare und heiliggesprochene Papst Gregor I. im Jahr 591 aufgestellt hatte. Eine Interpretation, die dem maskulin dominierten Klerus gefiel und sich knapp 1500 Jahre lang tapfer aufrechterhielt.
Auch dieser Spielfilm interpretiert die bekannten Bibelepisoden. Die Drehbuchautorinnen Philippa Goslett und Helen Edmundson aber wechseln dafür die Perspektive und erzählen die letzten Monate im Leben Jesu aus der Sicht von Maria Magdalena (Rooney Mara), die im Jahr 33 in Judäa gemeinsam mit ihrer Familie vom Fischen lebt. Sie ist einem Mann versprochen, innerlich aber sträubt sie sich. „Heiraten ist nicht meine Bestimmung“, verkündet sie, und nach hitzigem Streit mit den männlichen Familienmitgliedern wird der Heiler zu Rate gezogen, der gerade in der Gegend predigt: Jesus von Nazareth (Joaquin Phoenix). Maria folgt dem Rabbi und seinen Jüngern fortan auf ihrer Wanderschaft nach Jerusalem, der letzten Station des Propheten.
Regie (Garth Davis), Kamera (Greig Fraser) und Musik (Hildur Guðnadóttir und der kürzlich verstorbene Jóhann Jóhannsson – „Sicario“, „Arrival“) gestalten diesen Bibelfilm schon beinahe dröge klassisch. Sie zielen dabei zeitgemäß („40 Tage in der Wüste“), ohne Kitsch und Hokuspokus, auf eine geerdete Darstellung ab. Der erzählerische Rahmen ist bekannt, und so erschließt sich erst nach und nach die eigentliche Wucht und Bedeutung dieses Dramas. Kaum spürbar verschiebt sich hier hinter dem unaufgeregt inszenierten Gerüst der Status Quo. Jesus predigt und betet, schart sein Gefolge hinter sich, erwächst vom Rabbi zum Messias, zürnt im Tempel, versammelt seine Jünger – und Maria Magdalena – zum letzten Abendmahl, er wird verraten und gekreuzigt. Da sich das Drama inhaltlich modern und feministisch gibt, erscheint es auf den ersten Blick verwunderlich, dass es die Bibel wortwörtlich auslegt: Jesus heilt Blinde, holt Tote zurück ins Leben, und am Ende ersteht der Heiland auf. Wunder statt Metapher.
Tatsächlich aber macht genau das Sinn, wird hier doch deutlich, dass sich eine konservative Bibelauslegung und moderne Ansätze nicht einander ausschließen. Außerdem erreicht Garth Davis eben damit das Groß der christlichen Gemeinschaft. Und genau die sind die Zielgruppe: Dieser Bibelfilm will nicht missionieren, sondern bereits Bekehrte zum Perspektivwechsel anregen. Sowohl im Hinblick auf das, was man da glaubt als auch dahingehend, wie man seinen Glauben außerhalb des Gotteshauses lebt. Denn auch dazu fand Jesus klare Worte, die sich die oder der Geläuterte hier mal wieder zur Brust nehmen darf.
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