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Die Welle

Die Welle
Deutschland 2008, Laufzeit: 107 Min., FSK 12
Regie: Dennis Gansel
Darsteller: Jürgen Vogel, Christiane Paul, Frederick Lau, Jennifer Ulrich, Max Riemelt, Jacob Matschenz, Elyas M'Barek, Cristina do Rego, Maximilian Vollmar, Maximilian Mauff, Ferdinand Schmidt-Modrow, Tim Oliver Schultz

Meine Meinung zu diesem Film

Naja...
h5n1 (15), 31.03.2008

... ich hatte mir von dem Film mehr versprochen:
mehr über die Hintergründe der einzelnen Protagonsiten und auch des Lehrers. Aber vielleicht ist der Film auch eher auf ein Publikum zugeschnitten, dass noch zur Schule geht. Wenn es aber um die Nähe zum Original geht, zum Buch oder zu dem Experiment, dann liegt der Film irgendwie etwas daneben. Dass Menschen binnen einer Woche dermaßen umgekrempelt werden, halte ich für unrealistisch, auch wenn es sich bei diesen Menschen "nur" um pubertierende Schüler handelt (oder ist das nur eine stille Hoffnung, die ich da hege...?)

Ich weiß nicht was soll es bedeuten..
ollisteel (1), 24.03.2008

Leider kommt die Hauptbotschaft nicht wirklich rüber. Die Ereignisse die sich 1967 ereigneten waren erschreckend und hinreichend Lehrreich. Die typisch Deutsche, teilweise dämliche, Überarbeitung mit dem Übertriebenen Ende verfehlen die Wirkung. Daß Außenseiter in extreme geraten kann sich jeder ausmalen. Das "normale" Menschen zu Tätern werden können, wie die originale Welle, das Milgram Experiment oder unsere Geschichte beweisen wird nicht vermittelt. Diesen Anspruch sollte man an diese Thematik stellen daher ist der Film Überflüssig.

Die Bösen sind noch immer die "Anderen" (Nicht lesen, wenn man den Film noch sehen will - Spoiler inside!)
SeBiG (30), 23.03.2008

Die ersten sieben Achtel ist die filmische Umsetzung des Buchstoffes (einschliesslich Versatz von Handlungsort nach Deutschland + Zeitreise ins 21.ste Jahrhundert) als absolut gelungen zu betrachten. Sehr anschaulich, welche Eigendynamik das von allen Schülern als positiv empfundene Gruppenzugehörigkeitsgefühl und die Effizienz einer zielgerichteten, gemeinschaftlichen Zusammenarbeit entwickeln (wobei mich bei der Geschichte, ebenso wie bei der Buchvolage immer wieder ein wenig irritiert, wie schnell die Betroffenen dieses "Experimentes" doch die Fragen vergessen haben, die eigentlich mal zu dem ganzen Klimbim geführt hat: "Wie funktionieren totalitäre Regimes?" und "Wäre heute unter uns so etwas überhaupt noch möglich?"). Bei der cineastischen Aufarbeitung dieses Themas haben Darsteller und Drehbuch wahrlich beachtliches geleistet.

Es war auch gut und richtig, den Zeitpunkt für diese Erzählung in unsere heutige Zeit zu verlagern, in der die Individualisierung der Person so entgrenzte Züge angenommen hat, dass man den Mimen der jungen Schüler in fast schon körperlicher Weise anzusehen meint, dass Gemeinschaftlichkeit und Gruppenzugehörigkeit in ihrem Lebensalltag so abwesende Werte ist, dass sie um so begeisterter dazu bereit sind, einem beliebigen "Rattenfänger" auf den Leim zu gehen, der ihnen mit diesem duftenden Köder vor der Nase herum wedelt.

Um so bedauerlicher fällt die Fehlentscheidung ins Gewicht, den der Romanvorlage eigenen Schlußpunkt so abzuändern, wie es für diesen Film getan wurde - als die Welle sich soweit verselbstständigt hat, daß ihr Initiator sie nicht mehr unter Kontrolle hat, läßt er alle ihre Anhänger in einem Hörsaal zusammenrufen, zeigt ihnen Filmaufnahmen von marschierenden Nazis und konfrontiert sie mit der schockierenden Wahrheit: "So wie ihr euch die letzten Tage benommen habt, wärt ihr alle hervorragende Nazis gewesen!"

Diesen katharsischen Paukenschlag zum Schluß hat Dennis Gansel ganz einfach aus der Handlung gestrichen, weil sein (vermutlich eigenes?) Konzept zum Umgang mit dem Thema wohl ansonsten nicht mehr aufgegangen wäre: Wäre Jürgen Vogel mit einer entsprechenden Bewertung ihres Treibens an seine Schüler herangetreten, hätte sich der Schüler, der bei Vogels eher hilflosem Ausrufen vom "Abbruch des Experimentes" eine Knarre zieht und wild um sich ballert, ja nur noch dämlich fühlen müssen.

Die Idee für diesen Faux Pas mag gewesen sein, nachdem der Film für die in seinem Endspurt angesprochenen Ursachen einer solchen Entwicklung (immer weiter steigende Arbeitslosigkeit, Deutschland als Verlierer der Globalisierung etc. pp.) leider 1-2 Jahre zu spät kommt, sich aktuellerem Zeitgeschehen zuzuwenden und aus der Assoziation mit amoklaufenden Schülern (jetzt auch an Deutschen Schulen!) emotionales Kapital zu schlagen versucht.

Dies ist (im Sinne des eigentlichen Anliegens des Verfassers dieses Werkes) jedoch fatal, entlastet die Führung des erzählerischen Bogens im Film damit in einem Schwung alle "ach-so-begeisterten" Mitschwimmer auf der Welle doch unterbewusst, weil die mit ihrem Anliegen ja im Prinzip nichts schlechtes wollten - und die *wirkliche Gefahr* geht natürlich ausschließlich von dem sozial ausgegrenzten Schwachmaten aus, der zu doof ist, das Leben mit seinen Mitmenschen anders in den Griff zu kriegen. Über so "einfache" Lösungen bleibt älteren Menschen, als Dennis Gansel dies wahrscheinlich ist, nur ratloses Kopfschütteln: Hat man also wieder den Buhmann ausgemacht, den man "wegsperren", ins "Erziehungscamp schicken" oder sonst wie wegknipsen muss, um das Problem wirksam zu lösen?

Zudem bleibt ein fauliger Beigeschmack zurück, wenn man als Zuschauer das Kino mit dem Gefühl verlassen muss, dass gemäss dem Topos dieses Werkes jedwede gemeinschaftliche Zusammenarbeit - und wenn sie noch so gut gemeint ist und noch so positive Früchte trägt - sich dem Vorwurf aussetzen muss, dass Gruppendynamik immer gleich faschistoide Züge in sich birgt.

Unter dem Aspekt ist der Film sogar als kontraproduktiv für Lehrer zu erachten, die meinen, Schülern, mit denen sie den Stoff im Schulunterricht durcharbeiten, etwas Gutes zu tun, indem sie mit ihnen diesen Film besuchen: Anschaulicher kann ihnen gar nicht gezeigt werden, dass es ja viel besser ist, sein Leben als egoistisches Arschloch zu führen und auf jedweden Gemeinsinn zu pfeifen, anstatt sich sein wie auch immer geartetes Image durch Engagement für Gleichgesinnte mit der Gefahr, als "Fascho" zu gelten, versauen zu lassen.

(Hierzu trägt leider auch die Bildsprache, für die man sich entscheiden hat, bei - denn die Gegner, mit denen die Vertreter von Gansels Welle aneinandergeraten, sind nicht wie im Buch andere "ganz normale" Studenten auf dem Campus, sondern heruntergekommen und abstossend inszenierte Punks bzw. Rocker und Asoziale.)

Eine wirkliche Weiterentwicklung des Stoffes wäre stattdessen gewesen, wenn Dennis Gansels Lehrerprotagnist die Souveränität gehabt hätte, die seinem realen Vorbild Ron Jones damals noch gefehlt hat (wahrscheinlich, weil ihm so die Muffe gegangen ist, daß er egal wie nur aus der Geschichte rauswollte) - nämlich darauf zu verweisen, dass die Kooperation im sozialen Verbund zum effektiveren Erreichen eines gesteckten Ziels alleine eben NICHT schlecht, sondern absolut legitim ist, solange die Gemeinschaft die Grenzen des Zwecks ihrer Zusammenarbeit nicht aus den Augen verliert: Erst wenn die Zugehörigkeit zur Gruppe zur Aufwertung (und im Umkehrschluss die Nicht-Zugehörigkeit zur Abwertung) der Persönlichkeit führt; wenn das Bündeln von Kräften zum Erreichen eines Zieles dazu führt, dass im eigenen Denken kein Verständnis und Platz mehr ist für andersgerichtete Ziele anderer Menschen und Gruppen; wenn der Zweck zum Mittel wird (oder, um es vereinfacht auszudrücken, wenn es für die Mitglieder keinen Freiraum mehr gibt, das weisse Hemd der Welle irgendwann auch mal ausziehen und etwas anderes zu sein als lediglich Mitglied einer Bewegung - zum Beispiel einfach wieder sie selbst - ohne dass es für sie weitreichende Konsequenzen hat) - DANN wird es gefährlich.

Es ist nicht allein bedauerlich, es ist fast schon zum Verzweifeln, dass man bei der Art und Weise, wie dieser Film den Stoff zuende entwickelt, attestieren muss, dass man in Deutschland auch siebzig Jahre nach dem Nationalsozialismus offenbar "nichts dazugelernt" hat.

krass aber sehr gut!!
Princess05 (271), 15.03.2008

mich hat der film echt umgehauen.geschichte war mir durch das buch bekannt, aber eine wirklich grandiose umsetzung!! unglaublich berührend, krass, mitreißend und aufrüttelnd. unbedingt anschauen!!!

[ 9 / 10 ]

Einmal wellen bitte
Colonia (683), 02.03.2008

Ab Mitte der 80-er Jahre mussten vermutlich fast alle deutschen Schüler im Unterricht "Die Welle" lesen. Und vielleicht durften sie auch den dazugehörigen US-amerikanischen TV-Film sehen.

Nun also kommt ein deutscher Film über die letztlich universellen Themen in die Kinos. Und der startet das Experiment mit der Frage, ob Faschismus heute, in unserer ach so aufgeklärten Zeit, wieder möglich wäre. Die Schüler sind natürlich der Meinung, dass das nicht mehr geht, während ihnen ihr Lieblingslehrer im Verlauf der Projektwoche das Gegenteil beweist.

Zunächst aber beginnt "Die Welle" anno 2008 mit einem extrem auf cool gemachten Vorspann und einem furchtbar gegen den Strich gebürsteten Lehrer namens Rainer Wenger, gespielt von Jürgen Vogel. Der aber sowas von einer Coolen Sau ist, dass es nur so kracht. Und ich verdrehe im Dunkel des Kino-Saales die Augen ob der platten Anbiederung der Filmemacher an das da kommen sollende junge Publikum.

Doch zu früh gestöhnt: Dennis Gansel (Regie und Drehbuch) und Peter Thorwarth (Drehbuch) haben die Rolle des Lehrers zwar auf Jürgen Vogel maßgeschneidert und liefern die erklärende Wenger'sche Biografie im Film gleich nach, doch machen sie damit auch deutlich, warum sich die Schüler so für diesen etwas unkonventionellen Lehrer begeistern können.

Ansonsten wurde der Stoff eingedeutscht (aus der Basketballmannschaft wird die Wasserballmannschaft der Schule, aus dem Experiment eine Projektwoche) und auf den Stand des neuen Jahrtausends gebracht, wo Schüler Grafftis malen, Homepages basteln, chatten und bei YoutubeMySpace aktiv sind. Es wurde peinlich genau darauf geachtet, die Geschichte keiner bestimmten Stadt oder Region zuordnen zu können. Eine normale Kleinstadt mit einem normalen Gymnasium mit normalen Schülern sollte es sein. Eine Schule, wie sie überall in Deutschland stehen könnte.

Für die Schüler-Rollen wurde alles zusammengecastet, was beachtliche Film- und Fernseherfahrung hat und unter 30 ist. Dabei sind u.a. Christina Do Rego ("Besser als Schule"), der immer leicht schläfrig wirkende Max Riemelt (der in diesem Jahr in mindestens drei Kinohauptrollen zu sehen sein wird), Jennifer Ulrich ("Elementarteilchen") und Elyas M'Barek ("Türkisch für Anfänger"). Alle Rollen sind trotz des eigentlich zu hohen Alters für eine Oberstufenklasse überzeugend dargestellt.

"Welle"-Produzent Christian Becker, Regisseur Gansel und Drehbuchautor Thorwarth haben zusammen an der Münchner Filmhochschule studiert und sind seither befreundet. Während sich Gansel schon mit "Napola" (ebenfalls mit Max Riemelt) tief ins Nationalsozialismus-Thema kniete, war Thorwarth bislang eher für heitere Ruhrgebietsstoffe wie "Bang Boom Band" und "Was nicht passt, wird passend gemacht" bekannt. Mit "Die Welle" haben sie nicht nur einen Film geschaffen, den die nächsten Schüler-Generationen im Unterricht anschauen werden müssen (und die sich dann über altmodische Handys und Computer und unmoderne Klamotten amüsieren), sondern beachtlich gut gemachtes Kino. Die Geschichte trägt und funktioniert, sie ist sehr gut umgesetzt und ? was ganz wichtig ist ? nachvollziehbar. So nachvollziehbar, dass sogar das gegenüber der Vorlage veränderte Ende möglich erscheint.

Das Lehrstück über Gruppendynamik und Gruppenzwang, über Identitätssuche und das Bedürfnis besonders der Jugendlichen, zu einer Gemeinschaft zu gehören und akzeptiert zu werden, ist kein belehrender Film. Er kommt nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daher. Es ist die Aufzeichnung eines so ähnlich tatsächlich abgelaufenen pädagogischen Experiments. Und wer sich über die Rasanz der Ereignisse wundert: Ron Jones' Projekt lief nur fünf Tage, bis er es selbst ? erschrocken über die Ausmaße ? abgebrochen hat.

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