Dear Wendy
Dänemark/ Deutschland/ Großbritannien/ Frankreich 2004, Laufzeit: 101 Min.
Regie: Thomas Vinterberg
Darsteller: Jamie Bell, Bill Pullman, Michael Angarano, Danso Gordon, Novella Nelson, Chris Owen, Alison Pill, Mark Webber
Drama zu Gewaltstrukturen
Der klassische V-Effekt
„Dear Wendy“ von Thomas Vinterberg
Der neue Film von Lars von Trier startet erst im November in unseren Kinos. Trotzdem fällt bereits jetzt im Zusammenhang mit Thomas Vinterbergs "Dear Wendy" vermehrt sein Name. Zum einen, weil bereits vor zehn Jahren die beiden Regisseure durch das Dogma-Manifest untrennbar miteinander verbunden waren, auch wenn Vinterbergs letzter Film, der grandios gescheiterte "It's all about love", das glatte Gegenteil von Dogma war. Zum anderen, weil sie nun wieder untrennbar miteinander verbunden sind. Denn Vinterberg, der Realist, hat mit "Dear Wendy" ein Drehbuch von Lars von Trier, dem listigen Strategen, verfilmt.
Die Nähe zu Lars von Triers aktueller Arbeit ist unübersehbar. "Dear Wendy" würde nur allzu gut in dessen Amerika-Trilogie passen, beschäftigt sich der Film doch mit der Gewaltproblematik in der Gesellschaft der USA und ist - vergleichbar mit "Dogville" - theatralisch und in einer ästhetisch äußerst aufregenden Form inszeniert. Vor allem diese Form scheint das Publikum schon jetzt deutlich zu polarisieren: Stark typisiert sehen wir den Marktplatz in dem Bergarbeiterstädtchen und eine alte Zeche, die beiden Handlungsorte des Films. Im Off-Kommentar erzählt Dick die Geschichte seines Lebens und nimmt den Zuschauer mit auf seine Reise vom Außenseiter zum selbstbewussten Anführer einer Waffen liebenden Pazifisten-Gang. Eine Reise, die detailliert die Absurdität des Abschreckungs-Prinzips "Frieden schaffen mit Waffen" durchspielt.
Der anfänglichen Empathie für die Protagonisten (Vinterbergs Part) wird im Verlauf des Films zunehmend die Basis entzogen (von Triers Part) und torpediert von Überzeichnungen und Ausbrüchen aus der Handlung. Damit stellt sich Trier (wieder mal) in die Tradition von Brecht (der klassische V-Effekt), rekurriert aber auch (mal wieder) auf Jean-Luc Godard, der 1963 in einem Film wie "Les Carabiniers" ähnlich verfuhr. Bei Godard wie bei Trier ist nicht das Maß des sichtbaren Realismus von Bedeutung, sondern die Aufdeckung der Struktur und Logik, die hinter den geschilderten Verhältnissen steckt. Dies geschieht bei von Trier und Vinterberg mit prächtiger Polemik und endet in einem filmisch furiosen Feuerwerk, dessen Genuss nur dadurch getrübt wird, dass einem die post-zivilisatorischen Bilder aus New Orleans zeigen, dass alles noch viel schlimmer ist.
(Christian Meyer)

„Es geht darum, Verbindung herzustellen und zu fühlen“
Zwei Fragen an Filmemacherin Laura Heinig – Portrait 10/25
Der Mensch hinter der Legende
choices Preview im Odeon Kino – Foyer 10/25
„Die wichtigste Strategie: nicht aufgeben“
Zwei Fragen an Filmemacherin Lenia Friedrich – Portrait 10/25
„Für mein Debüt bündle ich im Moment alle Kräfte“
Zwei Fragen an Filmemacherin Kim Lea Sakkal – Portrait 10/25
Preisträgern auf den Zahn fühlen
Artist Talks des Film Festival Cologne im Filmpalast - Foyer 10/25
„Ich wollte mich auf eine Suche nach Kafka begeben“
Regisseurin Agnieszka Holland über „Franz K.“ – Gespräch zum Film 10/25
Der Meister des Filmplakats
Renato Casaro ist tot – Nachruf 10/25
Schritt für Schritt zum Schnitt
25. Edimotion-Festival für Filmschnitt und Montagekunst in Köln – Festival 10/25
Schnappatmung von rechts
Wenn Filme Haltung zeigen – Vorspann 10/25
Stimmen für Veränderung
„How to Build a Library“ im Filmforum – Foyer 09/25
Eine sympathische Bruderkomödie
„Ganzer halber Bruder“ im Cinedom – Foyer 09/25
Wo Grenzen verschwinden und Geister sprechen
Das Afrika Film Festival Köln 2025 – Festival 09/25
Weinende Wände
Das Filmtheater als Begegnungs- und Spielstätte – Vorspann 09/25
„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
„Das Leben ist absurd, nicht der Film“
Regisseur Elmar Imanov über „Der Kuss des Grashüpfers“ – Gespräch zum Film 08/25
Jung-Bäuerinnen bei der Arbeit
„Milch ins Feuer“ im Odeon – Foyer 08/25
Gar nicht mal so stumm
Die Internationalen Stummfilmtage in Bonn 2025 – Festival 08/25
Drama, Baby?
Das Arthouse und der Schenkelklopfer – Vorspann 08/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Im Abschiebegefängnis
„An Hour From the Middle of Nowhere“ im Filmhaus – Foyer 06/25
Fortsetzung folgt nicht
Serielles Erzählen in Arthouse und Mainstream – Vorspann 06/25
Wohnen im Film
Die Reihe Filmgeschichten mit „Träumen von Räumen“ im Filmforum NRW – Filmreihe 05/25
Filmischer Feminismus
Das IFFF 2025 in Köln – Festival 04/25
Der Filmfrühling ist angebrochen
Die erste Jahreshälfte startet mit bedeutenden Filmfestivals – Vorspann 04/25
Über die Todesangst
„Sterben ohne Gott“ im Filmhaus – Foyer 03/25