Das Meer in mir
Spanien/ Frankreich/ Italien 2004, Laufzeit: 125 Min.
Regie: Alejandro Amenábar
Darsteller: Javier Bardem, Belen Rueda, Lola Duenas, Mabel Rivera, Celso Bugallo, Clara Segura, Joan Dalmau, Alberto Jimenez, Tamar Novas, José María Pou, Francesco Garrido, Alberto Amarilla
In seiner Fantasie fliegt Ramón über die reizvolle Landschaft Galiziens bis zum Meer und taucht ein ins strahlend blaue Wasser. Seinerzeit hat ein Sprung in genau dieses Meer sein Leben für immer verändert und Ramón ist sich sicher, dass das Meer ihn für immer behalten wollte. Nun ist er seit Jahren ans Bett gefesselt und möchte sein Zimmer im Haus seines Bruders nicht mehr verlassen. Der Traum vom Meer ist ihm genug. Und um diesen Traum für immer zu träumen, möchte er sterben. Der Kopf soll dem Körper folgen, damit er endlich frei sein kann. Doch dafür benötigt er Hilfe, die ihm Staat und Kirche versagen. "Wer mich wirklich liebt, hilft mir zu sterben", sagt Ramón, doch das stößt auch in seiner direkten Umgebung auf Widerspruch. Besonders sein Bruder hält Ramóns Todeswunsch für ketzerisch, und auch der Priester Vater Francisco, selbst gelähmt, behauptet, dass man sich nicht genug um Ramón kümmern würde, so er denn sterben will. Das trifft besonders Schwägerin Manuela, die ihn liebevoll pflegt und umsorgt. Unterstützung findet Ramón in der Rechtsanwältin Julia, die ihm auch hilft, das Buch "Cartas desde el infierno" (Briefe aus der Hölle) zu veröffentlichen. Auch Gené, Vertreterin der "Gesellschaft für würdiges Sterben", versucht ihm zu helfen. Und dann ist da noch Rosa, eine Fabrikarbeiterin, die in ihm den Mann fürs Leben sieht und die alles dafür tut, dass er wieder Freude an seinem beschränkten und begrenzten Dasein empfindet. Besonders Julia und Rosa sind von Ramons Charme und seiner Sanftheit betört und empfinden mehr für Ramon als nur Freundschaft. Bei aller Zuneigung sucht er aber nach dem Menschen, der die Courage besitzt, bei seinem Wunsch zu sterben Hilfe zu leisten. Doch nach der derzeitigen Rechtslage würde jeder, der ihm hilft, seinen Tod herbeizuführen, sich des Mordes schuldig machen - für Ramón ein unerträglicher Gedanke. So kämpft er für sein Recht auf einen selbstbestimmten Tod, der bald die Aufmerksamkeit der gesamten spanischen Öffentlichkeit auf sich zieht.Es ist eine wahre Geschichte, die Alejandro Amenábar ("The Others") in seinem vielfach preisgekrönten und für den Oscar nominierten Film erzählt. Der Fall des Spaniers Ramón Sampedro und seinem 1996 veröffentlichten Buch "Cartas desde el infierno", einer Sammlung persönlicher Briefe, Petitionen und Eingaben, mit dem er sich das Recht auf einen selbstbestimmten Tod verschaffen wollte, wirbelte viel Staub in der spanischen Öffentlichkeit auf und sorgte für neue Diskussionen über das schwierige Thema Euthanasie. Amenábar legt den Fokus auf die menschlichen Aspekte der Geschichte und erweist sich als Meister in der Inszenierung von Gefühlen, ohne auch nur ansatzweise in Kitsch zu verfallen oder auf die Tränendrüse zu drücken. Ab und an ist einem zwar zum Heulen zumute, und die Filmmusik tut ihr Übriges, dass Tränen im Kinosaal fließen werden. Doch im Film steht der Mensch Sampedro im Vordergrund, und der ist alles andere als ein um Mitleid heischender Mensch. Amenábar zeigt ihn mit all seinen Widersprüchen: Seine poetische Sicht auf die Dinge, sein feiner Humor bis zum bitteren Ende, aber auch seine trotzigen und launischen Seiten prägen den Film. Dabei findet Amenábar eindrucksvolle Bilder, die Traum und Realität - raffiniert ineinander verwoben - gleichermaßen widerspiegeln. Daneben überzeugt die Darstellerriege in "Das Meer in mir" auf ganzer Linie, allen voran natürlich Javier Bardem. Trotz der beschränkten Ausdrucksmöglichkeiten - schließlich steht ihm als Darsteller eines Querschnittsgelähmten nur seine Kopfhaltung und die Mimik zur Verfügung - vollbringt er die Meisterleistung, einen Menschen, dessen Körper nur noch aus Erinnerung und Fantasie besteht, derart ergreifend darzustellen.
(Eric Horst)
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24