A Real Pain
USA 2023, Laufzeit: 90 Min., FSK 12
Regie: Jesse Eisenberg
Darsteller: Jesse Eisenberg, Kieran Culkin, Will Sharpe
>> arealpainfilm.de/
Tragikomisches Roadmovie mit Abgründen
Emotional durchlässig
„A real Pain“ von Jesse Eisenberg
David (Jesse Eisenberg) ist angespannt, als er hektisch zum Flughafen fährt. Er wird gerade noch pünktlich kommen, aber sein Cousin Benji (Kieran Culkin) ist nicht so zuverlässig und immer für eine unangenehme Überraschung gut. Zig mal hat er ihn nun schon angerufen, ohne Reaktion. Als er am Flughafen ankommt, sitzt Benji schon ewig dort. Wie gesagt, immer für eine Überraschung gut. Von denen wird es in den kommenden Tagen noch reichlich geben, wenn David und Benji nach Polen reisen. Anlass ist der Tod der – vor allem von Benji – über alles geliebten Großmutter, die vor ihrer Flucht vor den Nazis in die USA dort lebte. Ein Großteil ihrer Familie ist in dem Konzentrationslager Majdanek umgekommen. Schnell wird klar, dass sich die Cousins, die sich als Kinder sehr nahe standen, auseinandergelebt haben. David scheint mit Frau und Kind und einem regelmäßigen Job fest im Leben zu stehen, während Benji ein kiffender Chaot ohne Job ist, der bei seiner Großmutter lebte und seit ihrem Tod noch mehr aus der Bahn geworfen ist. Als die beiden auf ihre Reisegruppe stoßen, mit der sie dem jüdischen Leben in Polen und der Schoah nachspüren, werden die unterschiedlichen Charaktere noch deutlicher. David ist freundlich, aber reserviert, während Benji direkt in die Vollen geht, oder wie es eine der Mitreisenden nennt: „Wenn er einen Raum betritt, bringt er ihn mit seiner Offenheit zum Leuchten ... um anschließend mit genau dieser Offenheit auf die Gefühle von Jeder und Jedem zu scheißen“. Konflikte sind vorprogrammiert, vor allem bei so einer sensiblen Sache wie einer geführten Gruppenreise in Gedenken an die Schoah, an der auch ein Überlebender des Genozids in Ruanda teilnimmt.
Jesse Eisenberg ist eher als Darsteller in Independent-Komödien oder auch Superhelden-Filmen bekannt. Produziert hat er bereits mehrere Filme, zuletzt den schrägen „Sasquatch Sunset“ über eine Bigfoot-Familie. Erstmals als Regisseur trat er 2019 mit „When you finish saving the World“ in Erscheinung. „A real Pain“ ist seine zweite Regiearbeit und sein erster Film, in dem er gleichzeitig die Hauptrolle spielt. Auch das Drehbuch, das zum Teil autobiografisch inspiriert ist, kommt von ihm. Dass sich dieses Mal viel Tragik zu Eisenbergs Lieblingsgenre, der Komödie, gesellt, liegt nicht nur an der Geschichte der Schoah, der sich die beiden Protagonisten in der Hoffnung auf wegweisende Gefühle und Erkenntnisse für ihr eigenes Leben stellen. Denn schnell wird klar, dass die beiden Cousins ziemlich viel eigenen Ballast mit auf die Reise schleppen.
„A real Pain“ unterwandert die üblichen Klischees der kathartischen Erfahrung, des emotionalen Dammbruchs, der lebensverändernden Erkenntnis im Angesicht des großen Leids der Judenvernichtung. Klein mögen die Enttäuschungen, Unsicherheiten und Ängste der Cousins dagegen wirken, aber sie sind dennoch da, auch wenn die beiden maximal unterschiedlich damit umgehen. Das zu sehen ist schmerzhaft, zuweilen auch komisch, aber vor allem sehr ernsthaft in Bezug auf die emotionalen Abgründe der Hauptfiguren.
(Christian Meyer-Pröpstl)
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