In-klu-sion: drei Silben, die oftmals mit Trennungsstrichen und einem Fragezeichen ausgesprochen werden. Einbeziehung: positiv klingende Begrifflichkeit, die daher inflationär verwendet wird. Vier Silben. Worte: zwei Silben, denen nicht selten keine Taten in einer vom Hadern und Abwarten geküssten Gesellschaft folgen.
Schallend, unnachgiebig, dynamisch und abseits von Theorien streben scheinbar lediglich die Künste voran, um Substantive wie Würde und Gleichberechtigung mit Leben zu erfüllen – so auch die Schauspielschule Der Keller. Am 7. August startete die Einrichtung im Kölner Norden ihre erste Klasse für Menschen mit geistiger Behinderung und befindet sich damit bundesweit auf überwiegend vakantem Terrain. Der Ausbildungsgang Rheinkompanie bietet vier Persönlichkeiten über zwei Jahre einen professionellen Unterricht mit dem Ziel, die Bühnenreife und eine Aufnahme in die Zentrale Arbeits- und Fachvermittlung für Schauspieler:innen der Bundesagentur für Arbeit (ZAV-Künstlervermittlung) zu erreichen. Kurzum: Die zukünftigen Absolvent:innen sollen mit den erworbenen Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt bestehen und damit ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Zusammen mit zwölf Schüler:innen ohne Behinderung des ersten Ausbildungsjahres 2023/24 sowie erfahreneren Akteur:innen werden die Neuankömmlinge unter anderem in den Bereichen Bewegungstraining, Stimme/Sprechen, Gesang, Ensembleunterricht, Kamera, Szenen- und Rollenunterricht sowie Dramaturgie von erfahrenen Dozent:innen unterrichtet. Darüber hinaus gehören Workshops und Theaterbesuche zu den Inhalten der Lehrzeit.
Die sechsstündigen Einheiten erfolgen an zwei Tagen pro Woche. An den übrigen Tagen gehen die Schüler:innen ihren Tätigkeiten in den jeweiligen Betrieben nach. Die Finanzierung der individuellen Ausbildung ist für die Student:innen kostenlos. Alle Aufwendungen werden vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) getragen, aus dessen Werkstätten die erfolgreichen Bewerber:innen stammen. Weitere Unterstützung erhält die Schule durch die Rheinische Stiftung für Bildung. In den vergangenen Monaten hatten sich die Erstklässler erfolgreich in Castings bewiesen. „Mein Traum ist es, Schauspielerin und Tänzerin zu werden, und ich glaube, das schaffe ich. Warum auch nicht?“, fragt Paula Sander (21), die zusammen mit Jona Krispin (24), Rasmus Adams (26) sowie Marie Korfmacher (19) zur Premierenbesetzung der Rheinkompanie gehören, deren Name an den geschichtsträchtigen Strom, seinen kulturellen Reichtum und den ewigen Fluss der Fantasie angelehnt ist. Alle Darststeller:innen verfügen bereits über Erfahrungen, so gehört Adams zum festen Ensemble der Schauspielgruppe „Theaterkönig“, die jährlich unter der Regie von Sabine Hahn ein Stück in der Kölner Comedia aufführt.
Die Zeit sei reif für eine Abbildung aller Menschen in den Künsten – dazu gehörten selbstverständlich auch Personen mit Behinderungen, unterstrich Schulleiter Michael Meichßner in seiner Eröffnungsrede die bisherige Unterrepräsentanz körperlich und geistig beeinträchtigter Personen. Fachbereichsleiterin Sabine Hahn erinnerte im Rahmen der Veranstaltung an die heilende Kraft des spielerischen Ausdrucks: „Nur eines kann den Menschen erlösen: das Spiel. Der spielende Mensch allein erlöst, erlöst sich selbst, weil das Spiel das Gesetz der Gravität, nicht nur im physikalischen, sondern auch im moralischen Sinne aufhebt. Weil das Spiel als die einzige lebendige Handlung geradewegs einmündet in die Heiterkeit des Lebens“, so die Ausbildungsleiterin und Dozentin. Die 1954 gegründete Ausbildungsstätte gehört zu den ältesten privaten Theaterschulen der Republik. Zu ihren Absolvent:innen gehören unter anderem Heiner Lauterbach, Gudrun Landgrebe und Annette Frier.
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