Die Diskussion um die Stunksitzung ist fast so alt wie sie selbst, also über 25 Jahre. Da wird gemosert und gestänkert über die angeblich zunehmende Kommerzialisierung, das vergangene Programm immer viel besser gefunden als das laufende und den Machern vorgeworfen, sie seien längst nicht mehr so politisch wie im vergangenen Jahr – und allen anderen davor. Dabei hat sich gar nicht viel geändert: Auf die Erkennungsmelodie von Köbes Underground folgt wie immer eine geballte Ladung feinster Kabarettnummern – drei Stunden intelligenter, perfekt gemachter und rattenscharfer Unterhaltung mit Mehrwert-Garantie.
Die umgekehrte Richtung schlägt im Bonner Pantheon die 27. Karnevalsrevue ein: In „Pink Punk Pantheon“ dreht sich diesmal – fast – alles um politische Irrungen und Wirrungen. Angefangen bei den beiden Vereinsmeiern Fritz Litzmann (Rainer Pause) und Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich), deren traditionelle Jahresendabrechnung zum Leidwesen vom Finanzbeamten Heuser (Gernot Voltz) noch um einiges chaotischer ausfällt als in der Vergangenheit, was – zugegebenermaßen – schwer vorstellbar, aber wahr ist (2.-4., 6.-11., 13.-16.).
Dabei verschlafen die anderen Kleinkunstbühnen die rheinische Brauchtumszeit keineswegs. Im Atelier Theater zum Beispiel zeigen Jutta & Hilde mit „Travestie verkehrt“ einen Karnevals-Mix anhand von Geschlechterparodien nach dem Motto: Stell’ Dir vor, ich sei Peter Alexander oder Heinz Erhardt (5. und 8.). Auf die schräge Zwölf hauen am selben Ort auch die Macher der „SexyPappNasenShow“ (13. und 14.). Als da wären Marcos Schlüter alias René Gligée, der Friseur, vor dem die Frauen zittern, und seine mittelblonde Mannschaft, die drei Damen von Fönfieber und die billige Manuela – allesamt verrückte Hühner, die in dem von Holger Edmaier souverän präsentierten Abend das Publikum zum Gackern bringen.
„Janz Jeck!“ sind auch die Springmäuse – sowohl in ihrem heimatlichen Domizil, dem Haus der Springmaus in Bonn (7. bis 10.) als auch in der benachbarten Kölner Comedia (10., 12. und 13.) – wobei die Überschneidungen dank der diversen Impro-Ensembles zustande kommen. Eine Besonderheit ist nicht nur der dreiköpfige Elferrat, hier gibt es sogar eine weibliche Jungfrau! Was will Mann mehr?
Das entschieden raffinierteste und gleichzeitig anspruchsvollste Spektakel findet allerdings im Senftöpfchen-Theater statt: „Karneval im Salon“ heißt die musikalische Revue, in der Die Extravaganten unter Leitung von Loni Schumacher aufspielen. Das muss man einfach erlebt haben: 10 Damen, denen ihre Instrumente mindestens so gut zu Gesicht stehen wie ihre ausgesuchten Outfits, mit denen sie optisch an die Roaring Twenties anknüpfen. Dabei zeichnen sich diese wunderbaren Musikerinnen nicht zuletzt durch ihre so außerordentlichen wie beneidenswerten Besitztümer aus: sechs Ehemänner, sieben Geliebte, fünf Kinder, elf Instrumente, drei Hunde und 88 Lippenstifte. Keine Frage, wer zwei Stunden lang in diesem Salon verbracht hat, schwebt anschließend engelsgleich beschwingt nach Hause. Verspricht wie immer hoch und heilig die Ihnen stets ergebene
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