Auf dem Ebertplatz wird gesägt, geschoben und geschwitzt; es laufen die letzten Vorbereitungen zur feierlichen Wiederinbetriebnahme der „Wasserkinetischen Plastik“ am Samstag. Bei den angekündigten 27 Grad wird der Effekt wahrscheinlich groß sein. „Wir hätten uns das vor einem halben Jahr noch nicht träumen lassen“, sagt Grischa Göddertz.
Er hat die private Initiative seines Vaters, des gestern vor zwei Jahren verstorbenen Brunnenkünstlers Wolfgang Göddertz, fortgesetzt: „Mein Vater hat eigentlich schon seit 20 Jahren versucht, Leute bei der Stadt anzusprechen, diesen Brunnen wieder zum Laufen zu kriegen. Er war ein Künstler, der sich immer, auch wenn sie schon fertig waren, um seine Werke gekümmert hat, der auch immer wieder nachgehakt hat – nicht nur hier. Nach seinem Tod habe ich das auch ein bisschen zu meinem Projekt gemacht. Ich habe jede Menge Fotos in seinem Archiv gefunden von kurz nach der Eröffnung, wo hier jede Menge spielende Kinder sind und die Leute sich freuen.“ In der Entstehungsphase habe der Platz zwar in der Kritik gestanden, am Ende aber Zufriedenheit vorgeherrscht. Der umgestaltete Platz wurde 1977 eingeweiht.
„Wir konnten erreichen, dass der Brunnen nicht nur wiedereröffnet, sondern auch ein bisschen modifiziert wird“, erklärt er. Die farbige LED-Beleuchtung spare nicht nur Strom, sondern ermögliche auch Künstlern, mit den Farben zu spielen, wenn im Winter das Wasser abgeschaltet werde. Sein Vater habe es immer sehr begrüßt, wenn andere sich auf ihre Weise mit seinen Werken auseinandersetzten.
Grund zum Feiern
In der Reanimation der Edelstahlplastik, deren Entwurf 1970 den Gestaltungswettbewerb für den Platz gewann, sieht Göddertz ein Signal für die angestrebte Wiederbelebung des Platzes; er verspreche sich eine „große Party“. Eröffnen wird sie am Samstag um 16 Uhr Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Bevor der früher nicht zuletzt bei Kindern beliebte Brunnen angeworfen wird, plant Göddertz zusammen mit Künstlerin Stefanie Klingemann, die u.a. für das Veranstaltungsformat „Wasser marsch!“ verantwortlich ist, eine Intervention sowie eine Präsentation mit den Beteiligten.
Bereits am Freitag ab 17 Uhr ist zudem eine ortsbezogene Performance von Evamaria Schaller auf dem Ebertplatz geplant, gefolgt vom ersten Open-Air-Kino anlässlich der Kölner Kino Nächte. Gezeigt wird gegen 21 Uhr die Dokumentation „Draußen“ über Obdachlose in Köln in Anwesenheit der Regisseurinnen. Eine Woche später, am 20. Juli, findet zum dritten Mal das Sommerfest der freien Kunsträume am Ebertplatz statt.
Zugänge und innere Ebene
Zahlreiche KünstlerInnen und Initiativen sowie vier AGs und drei Hochschulen befassen sich derzeit mit dem Platz. Die Ausschreibung zur künstlerischen Gestaltung der sechs stillgelegten Rolltreppen zum Beispiel habe 53 Ideen hervorgebracht, berichtet Nadine Müseler vom Kulturamt. Es seien „sehr spannende Entwürfe, die mit sehr unterschiedlichen Materialien an die Rolltreppen herangehen und versuchen, die Dynamik wiederherzustellen – durch Licht, durch Holz, durch Spiegelelemente“. Die sieben von der Jury in die engere Wahl genommenen Arbeiten werde sie dem Kunstbeirat vorstellen, bevor sie zur endgültigen Entscheidung an die Bezirksvertretung gehen. „Ich denke, mit den ersten Umsetzungen können wir im Herbst beginnen.“ Dann soll es auch erste Lichtkunstprojekte geben.
Eine „Zwischenpräsentation“ der jurierten Entwürfe für die Rolltreppen findet im Rahmen des Sommerfestes am 20. Juli statt.
Das „Mobiliar“ des Platzes solle von Passanten mitgestaltet, mitgebaut und verortet werden, erklärt Stefanie Klingemann. Ein Prototyp der AG Platzgestaltung und KISD Köln sei schon fertig. Man sitzt auf selbst bedruckten Liegestühlen, die ebenfalls schon da sind.
Die Außengastronomie auf dem Platz in Form eines Cafés werde, so Johannes Geyer vom Stadtraummanagement, am Samstag provisorisch für die Feier öffnen. Vor der endgültigen Eröffnung der „Bude“ – so bald wie möglich – sei optisch noch einiges zu tun und der Innenausbau fertigzustellen. Getränke wie Wein und Bier – kein harter Alkohol – sollen täglich von 10 bis 22 Uhr zu „sozialverträglichen Preisen“ angeboten werden, die sich zugleich an den Preisen in der näheren Umgebung orientieren. Zudem sei wohl regelmäßig mit Food Trucks zu rechnen. Holzdecks der Studierenden der RWTH Aachen sind vor Ort in Arbeit. Der ganze Platz stünde mit mobilen Sitzmöglichkeiten für einen hoffentlich dauerhafteren Aufenthalt zur Verfügung, verspricht Geyer. Ein multifunktionales Podest um einen Baum sei u.a. für Lesungen oder Theatervorführungen gedacht.
Eine Art Versuchslabor
Den Rahmen der vielfältigen Aktivitäten auf und am Platz bildet seit Ende März ein auf rund drei Jahre angelegtes „Weiterentwickeltes Zwischennutzungskonzept“ (bis Dezember 2020), das der endgültigen Neugestaltung des Platzes vorausgeht. Kulturamtsleiterin Barbara Foerster, die den Brunnen mit im Wasser spielenden Kindern assoziiert, sieht die Runden Tische zur Zukunft der Stadträume auf einem guten Weg.
„Erstaunlicherweise sind sich alle einig“, meint sie, „sowohl die Kulturakteure, als auch die Freundeskreise der Institutionen, als auch die Politik und die Verwaltung – dass es weniger darum geht, in Zukunft neue, große Kulturstätten ins Leben zu rufen, sondern eher darüber nachzudenken, wie in einer wachsenden Stadt das, was da ist an Räumen und öffentlichem Raum, auch für Kultur mitbenutzt werden kann.“
Wie dies am Ebertplatz mit der Zwischennutzung aktuell gehandhabt werde, wo „alle an einen Tisch“ geholt und zum Mitmachen eingeladen würden, darin würde sie gern ein Modell für die Kölner Zukunft sehen.
Einen Bogen machen die Beteiligten um den Vorschlag des Theaters der Keller, einen Holzbau auf Stelzen am westlichen Rand des Platzes zu errichten, der ihm ab Mitte 2019 als Interimsspielstätte mit Platz für 120 Besucher dienen könnte. Doch der Entwurf ist relativ neu, vor allem für die Kulturverwaltung, die „leider nicht in den Prozess einbezogen“ worden sei, wie sie im „Kölner Stadt-Anzeiger“ zitiert wurde. Die Prüfung sei am Laufen, hieß es gestern knapp auf Anfrage. Es scheint jedoch klar, dass ein erheblicher Abstimmungsbedarf entsteht, will man die bisherigen, aufeinander bezogenen Konzepte am Ebertplatz um einen regulären Theaterbetrieb ergänzen, dem sechsmonatige Bauarbeiten vorausgehen.
Auf die Frage, was nach Ablauf der Interimsphase mit den Projekten samt dem Brunnen geschehe, konnten Nadine Müseler und Johannes Geyer keine definitive Antwort geben. Bei der Ausschreibung für die Neugestaltung werde es „Teil der Aufgabenstellung“ sein, dass „alles, was gut läuft“ im endgültigen Konzept berücksichtigt werde. Der „gesunde Menschenverstand“ lege nahe, so Geyer, dass der Weiterbetrieb des Brunnens, in den man gerade 230.000 Euro investiert habe, entsprechend geprüft werde. Der Betrieb kostet 30.000 Euro im Jahr.
Köln könnte ein partizipatives Erfolgsmodell bei der Gestaltung und Nutzung des öffentlichen Raumes gut gebrauchen. Die Beteiligten rufen nicht nur zum Besuch am Samstag auf, sondern laden auch zur Mitwirkung in den AGs ein. „Ich würde mich freuen, wenn alle kommen“, sagt Grischa Göddertz, „und vor allem die Bürger den Platz wieder annehmen.“
Info: www.unser-ebertplatz.de
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